Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 128(†) St. Nikolai 1505, 1704

Beschreibung

Empore. Holz, bemalt. Über dem vierten Joch der nördlichen Langhauswand. Malerei im Jahr 1704 und auch später teilweise verfälschend erneuert. Die Brüstungswände ruhen auf zwei Trompen mit Schlusssteinen, die durch zwei Engel-Halbfiguren gebildet werden, die wiederum Wappenschilde halten, auf denen heute Phantasiewappen zu sehen sind. Die Außenseite der Brüstung ist in dreizehn durch goldgefasste Halbsäulen abgegrenzte Felder gegliedert, darauf gemalte Halbfiguren, von links nach rechts ein Apostel ohne Attribut, Jakobus d. Ä. mit Muschel, Pilgerstab und Buch, Bartholomäus mit Messer, Paulus mit Schwert, Thomas(?) mit Winkelmaß, Johannes mit Kelch und Schlange, in der Mitte Christus, rechts Petrus mit zwei Schlüsseln, Matthäus(?) mit Beil, Judas Thaddäus mit Keule, Philippus mit Kreuz, Simon Zelotes mit Säge sowie ein Apostel mit Hellebarde.1) In der Sockelzone der Empore links (bis is) und rechts (ab vullebracht) Inschrift A mit Versalien und Worttrennern in roter Farbe. Der Wortlaut dieser Inschrift wird in einer rekonstruierten Fassung ediert, der aktuelle Befund in Fußnoten vermerkt. In der Emporenmitte2) ein drei Felder breiter Vorbau, in dessen Sockelzone in schwarzen Buchstaben auf rotem Grund Inschrift B, ehemals auch die nicht erhaltene Inschrift C.

Inschrift C nach Haselberg.

Maße: Br. 440 cm, T. 275 cm, H. 101 cm (Brüstung). Bu. ca. 10 cm (A, B).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien (A, B).

Jürgen Herold [1/6]

  1. A

    Na ˑ der ˑ bort ˑ (christ)ia) ˑ M ˑ vc ˑ ‎/ vn(de) ˑ v ˑ vp ˑ den ˑ av‎/e(n)t ˑ ioh(ann)is ˑ bap(tis)te ˑ is ‎/ vullebrachtb) ˑ dit ˑ werk ‎/ ˑ dorch ˑ mest(er) ˑ ioha(n) ˑ schulte(n)c) ‎/ ˑ va(n) ˑ valkenbarch ˑ lof ˑ sy ˑ gade ˑ deme ˑ her(n)d)

  2. B

    gotˑt ˑ der ˑ herr ‎/ ˑ ist ˑ meine ˑ Ruhe ˑ u(nd) mein ˑ psalm ˑ ii ˑ ist ‎/ mein ˑ heile)

  3. C†

    Renovatum 1704

Übersetzung:

(A) Nach der Geburt Christi (im Jahr) 1505 am Vortag Johannes des Täufers (23. Juni) ist dieses Werk durch Meister Johann Schulte aus Falkenberg vollendet worden. Lob sei Gott dem Herrn.

(C) Erneuert 1704.

Kommentar

Inschrift A liegt in stark übermalter Form vor, weshalb paläografische Beobachtungen nicht mehr sinnvoll sind. Eine Identifizierung des genannten Meisters Johann Schulte aus Falkenberg ist nicht möglich, da es mehrere Orte dieses Namens alleine im heutigen Bundesland Brandenburg und ehemals auch in Hinterpommern gibt bzw. gab.

Textkritischer Apparat

  1. (christ)i] Befund xpi. p heute ohne Unterlänge.
  2. vullebracht] Befund vussebracht.
  3. schulte(n)] Befund schulfe.
  4. her(n)] Befund hee mit Kürzungsstrich.
  5. Der nicht verifizierbare Bibelstellennachweis ‚Psalm 2‘ unterbricht den Text.

Anmerkungen

  1. In den Darstellungen fehlen heute die eindeutigen Attribute für Andreas (Schrägkreuz) und Jakobus d. J. (Walkerstange). Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Darstellungen Christi und der Apostel „übermalt und verdorben“ (Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 506).
  2. Die Graffiti auf der horizontalen Ablage und den senkrechten Innenflächen der Brüstung werden in Kat.-Nr. 439 behandelt.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 505f. (A, C).
  2. Hagemeister, Nikolaikirche, S. 33 (A, C).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 128(†) (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0012803.