Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 103 St. Nikolai um 1500

Beschreibung

Altarretabel der Kramer. Eichenholz, geschnitzt und farbig gefasst, mit Tafelgemälden in Temperamalerei. An der Westseite des dritten südlichen Langhauspfeilers, im Kramergestühl. Das vierflügelige Retabel mit Standflügeln zeigt in der geschlossenen Ansicht auf dem linken Standflügel einen Märtyrer als Diakon mit einem Buch in der Hand, dann Nikolaus und Katharina von Alexandrien, auf dem rechten Standflügel den Erzengel Michael. Die erste Wandlung des Retabels zeigt acht Szenen aus dem Leben Mariens: oben die Verkündigung an Maria, Mariä Heimsuchung, dann Geburt und Beschneidung Christi; unten die Anbetung der Heiligen Drei Könige und die Darbringung Christi im Tempel, hier Inschrift A auf dem Gewandsaum Josephs. Danach die Flucht nach Ägypten und schließlich Jesus mit den Pharisäern im Tempel. Die Schnitzansicht der zweiten Wandlung zeigt im Schrein eine vielfigurige Kreuzigung mit dem Titulus B, der hinter dem Schleierbrett kaum sichtbar ist. In der zweiten Wandlung auf den Flügeln vier Passionsszenen, oben Christus am Ölberg und seine Gefangennahme, unten Christus vor Pilatus und die Kreuztragung. Auf der nachmittelalterlich erneuerten Predella sind eine von zwei Engeln gehaltene Vera Icon und die Heiligen Petrus und Paulus zu sehen. Die Inschriften sind gemalt.

Maße: H. 272 cm, Br. 268 cm. Bu. 2,5 cm (A), 3,5 cm (B).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis.

Jürgen Herold [1/3]

  1. A

    E I H B O N E

  2. B

    I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) [I(UDAEORUM)]1)

Kommentar

In Inschrift A ist das erste E kapital, das zweite unzial und geschlossen ausgeführt; B und N retrograd; Inschrift B mit rundem N. Das Retabel, dessen Datierung vor allem kunstgeschichtlichen Überlegungen folgt,2) wurde bislang häufig der Korporation der Bergenfahrer zugeordnet, lässt sich aber wohl als Aufsatz für den Krameraltar identifizieren, der dem heiligen Nikolaus geweiht war.3) Stilistisch werden die Malereien dem Meister des Hochaltars von St. Nikolai zugewiesen.4)

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Bei Kunkel, Werk, S. 362, werden die Entstehungsjahre 1505–1510 bzw. 1490–1510 genannt. Weitzel, St. Nikolai, S. 218f., nennt 1505 als Terminus ante quem.
  3. Weitzel, St. Nikolai, S. 218f.
  4. Vgl. Kunkel, Werk, S. 362; auch Weitzel, St. Nikolai, S. 219.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 103 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0010306.