Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 85 St. Nikolai M.14.–M.15.Jh., E.16.Jh.?, 2.V.17.Jh., M.16.–17.Jh.

Beschreibung

Grabplatte für Adam Rutze (B) und Hermann Reutz (C). Kalkstein. Im vierten Joch des südlichen Chorumgangsbereichs.1) Die Oberfläche der hochrechteckigen Platte ist stark abgetreten, dadurch gravierender Schriftverlust. An einer Schmalseite rechts geringe Reste der ältesten, ehemals wohl umlaufenden Inschrift A; in der linken Ecke Inschrift E, dazwischen ein Bischofsstab als Besitzzeichen der Nikolaikirche. An der gegenüberliegenden Schmalseite die Inschriften B und C; C wird durch einen älteren, getilgten Bischofsstab mit der Nummerierung F unterbrochen; u in eruen mit diakritischem Zeichen. Etwa in der Mitte des Steins die bis auf unbedeutende Reste an den Zeilenrändern zerstörte Inschrift D; wahrscheinlich ursprünglich zu C gehörend. Die Inschriften A–C erhaben in vertiefter Zeile, D erhaben ausgehauen, E und F eingehauen.

Maße: H. 249 cm, Br. 145 cm. Bu. ca. 12 cm (A), 7–9 cm (B), 7 cm (C), ca. 7 cm (D), 5,5 cm (E).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A); Kapitalis mit Versal (E); Mischschrift, aus gotischer Minuskel und Fraktur (B, C, D).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [– – –]cc lxx[– – –]

  2. B

    Disse sten hort Adam ˑ russe ‎/ vnd sinen [er]ue[n]

  3. C

    Hermen ‎// Reutze ‎/ vnd seinen ‎// eruen ‎/ [– – –]3[– – –]a)

  4. D

    Da[– – –]s ‎/ [– – –] ‎/ [– – –] ‎/ [– – –] ‎/ ec[– – –] ‎/ de[– – –]se ‎/ se[– – –]en

  5. E

    DISER STE[– – –]

  6. F

    70

Kommentar

Möglicherweise handelt es sich bei russe (B) und Reutze (C) um Varianten desselben Namens, Hermann Reutz wäre dann ein Nachkomme des Adam Rutze. Adam Rutze (Russe) war zwischen 1588 und 1590 in ein Gerichtsverfahren involviert und wurde dabei von Herzog Ernst Ludwig von Pommern unterstützt.2) Sein Name kommt auch im Kontext der um 1600 entstandenen Graffiti in St. Nikolai vor (vgl. Kat.-Nr. 439, B7). Ein gleichnamiger Kaufmann erhielt 1624 das Stralsunder Bürgerrecht.3) Hermann Reutz appellierte im frühen 17. Jahrhundert gegen die Stadt an das Reichskammergericht.4) Er wird im Jahr 1629 als Vater von Eva genannt, die Michael Lüdeke heiratete (vgl. Kat.-Nr. 325).5)

Textkritischer Apparat

  1. Die Ziffer 3 wahrscheinlich der Rest einer Jahreszahl.

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 206.
  2. StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 455, Eintreten Herzog Ernst Ludwigs beim Rat für Adam Rutz (Reutz) wegen dessen beschlagnahmter mütterlicher Erbschaft und Beleidigung durch den Ratsherrn Nikolaus Sasse, 1588–1590 (nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne, 18.12.2015).
  3. Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche (18.12.2015).
  4. StA Stralsund, Rep. 3 Nr. 555, Appellation an das Reichskammergericht in Speyer in der Klage des Hermann Reutze gegen Bürgermeister und Rat der Stadt Stralsund wegen Entschädigung für die Zwangsverwaltung seiner vier elterlichen Häuser, besonders des Wohnhauses am Alten Markt, 1611–1623 (nach Archivverbund Mecklenburg-Vorpommern, Online-Recherche Ariadne, 18.12.2015).
  5. Schubert, Trauregister 6, S. 6 (Nr. 160).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 85 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0008503.