Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 83 St. Nikolai M.14.–M.15.Jh., 1573 o. früher

Beschreibung

Grabplatte für Heinrich Sten (B). Kalkstein. Heute aufrecht an der Nordseite im nördlichen Bereich des Chorumgangs,1) 1736 noch liegend im Chor.2) Im oberen Bereich der hochrechteckigen Platte unter einer Rundbogenarchitektur im Flachrelief vor vertieftem Grund ein Vollwappen. In den Zwickeln zwei Löwenköpfe, die eine Blattgirlande halten. Unterhalb des Wappenfeldes die Inschriften B und C, beide erhaben in vertiefter Zeile ausgeführt. Das Fragment A in der rechten oberen Ecke zeugt von einer früheren Nutzung des Steins.

Maße: Br. 134 cm, H. 241 cm. Bu. 6 cm (A), 8–9 cm (B), ca. 7 cm (C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel (A); Kapitalis mit Versalien (C); Mischschrift, aus gotischer Minuskel und Fraktur (B).

Jürgen Herold [1/1]

  1. A

    [– – –]en

  2. B

    her hinrick Sten vnd sine(n) ‎/ Eruen

  3. C

    MORS TVA CHRISTE MIHI VITA EST VICTORIA ‎/ REGNVM ‎/LABE MEA MORIOR SANGVINE VIVO TVOˑ3)

Übersetzung:

(C) Dein Tod, Christus, ist für mich Leben, Sieg und Reich. Durch meinen Fall sterbe ich, durch dein Blut lebe ich.

Versmaß: Elegisches Distichon (C).

Wappen:
Sten I

Kommentar

Inschrift B zeigt Frakturelemente wie gebogenen h-Bogen, mandelförmiges d, v mit Schwellzug am linken Schaft und Schaft-s mit Unterlänge. Ihre hohen, schlanken Proportionen, Schaftbrechungen und Schleifenornamente im Oberlängenbereich erinnern aber auch an die Spätform der gotischen Minuskel.4)

Heinrich Sten (von Stein, B), seit 1556 Ratsherr, vertrat Stralsund auf einem Hansetag dieses Jahres. Im Jahr 1567 wurde er geadelt. Er bewohnte ein Haus in der Semlowerstraße. Mit seiner Ehefrau Katharina Beseris († 2. Januar 1562) hatte er die Kinder Jürgen, Anna, verheiratet mit Joachim Ketel (vgl. Kat.-Nr. 219), Gertrud und Arnold. Er verstarb am 12. Dezember 1573.5)

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 139.
  2. PfA St. Nikolai, Nr. 130 (Richter, Begräbnisse), S. 5 (Nr. 35).
  3. Nach Walther (Hg.), Proverbia, Nr. 15207, ist der Spruch nachgewiesen in einer 1576 in Basel gedruckten Sammlung. Auch auf einem Epitaph des Jahres 1567 in Jena kommen die Verse vor, die somit schon vor der Publikation der Baseler Sammlung bekannt gewesen sein müssen; vgl. DI 33 (Stadt Jena), Nr. 83. Tatsächlich werden sie dem niederländischen Juristen Julius of Jucke van Beyma († 1598) zugeschrieben, der zeitweilig auch an der Universität Wittenberg tätig war. Zur Person siehe Nieuw Nederlandsch Biografisch Woordenboek (NNBW) 1 (1911), S. 342f. (Online-Version, 11.2.2014).
  4. Vgl. etwa DI 77 (Greifswald), Nr. 215.
  5. Biografische Informationen nach StA Stralsund, Hs. 359 (Dinnies, Verzeichnis 1), S. 683f.; StA Stralsund, Hs. 365 (Dinnies, Stammtafeln 2), S. 127a–128; der Todestag nach PfA St. Nikolai, Nr. 130 (Richter, Begräbnisse), S. 7.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 500f. (B, C).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 83 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0008309.