Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 52 St. Nikolai 1437

Beschreibung

Grabplatte für den Priester Borchard Plötze. Kalkstein. Im Scheitel des Chorumgangs an der Südwand einer Umgangskapelle befestigt;1) gegen Ende des 19. Jahrhunderts in der Greifenheim-Klinkowströmschen Kapelle nördlich des Chorscheitels aufgestellt.2) Im Innenfeld der hochrechteckigen, relativ kleinen Platte die eingeritzte Gestalt des Geistlichen im Ornat, einen Kelch segnend. Die Inschrift ist umlaufend und erhaben vor vertieftem Hintergrund ausgeführt, in den Ecken Medaillons mit den Evangelistensymbolen.

Maße: H. 196 cm, Br. 95,5 cm. Bu. 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien in gotischer Majuskel.

Jürgen Herold [1/2]

  1. A(n)no : d(omi)ni : Mo : cccco ˑ ‎/ xxxvii : vltimaa) : die ˑ mensis : ianuarii : obiit : d(omi)n(u)s : ‎/ borchardus : ‎/ plocze ˑ p(re)sb(ite)rb) ˑ hic ˑ cu(m) ˑ sua ˑ pare(n)tela ˑ sepult(us) ˑ or(ate)c) ˑ p(ro) : eis :

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1437 am letzten Tag des Monats Januar (31. Januar) starb Herr Borchard Plötze, Priester, der hier mit seinen Angehörigen bestattet ist. Betet für sie.

Kommentar

Es handelt sich um eine von ganz wenigen Stralsunder Grabplatten, die nie wiederbeschriftet wurden. Die gut erhaltene Inschrift ist in der entwickelten Form der gotischen Minuskel mit durchgehend gebrochenen Hastenenden ausgeführt und zeigt leicht verbreiterte, rechtsschräge Oberlängenenden. Der unter dieser Grabplatte bestattete Geistliche namens Borchard Plötze gehört zu einer von der Insel Rügen stammenden Adelsfamilie, die seit dem 14. Jahrhundert in Stralsund nachweisbar ist.3) In der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gab es zwei Personen namens Borchard (Burkhard), den Sohn bzw. den Neffen eines gleichnamigen Ratsherrn, die beide Geistliche waren, sodass die Zuordnung einzelner Quellen zu diesen Personen nicht in allen Fällen sicher möglich ist. Der erste Borchard Plötze, Sohn des Ratsherrn Borchard und der Gertrud, wird um das Jahr 1406 bereits als presbyter bezeichnet.4) Der zweite, Sohn des Johannes und der Tilseke, schlug eine akademische Karriere ein, die in Prag 1406 begann und in Rostock 1451/1452 endete.5) Er wird auch noch nach 1437, dem Todesjahr des in St. Nikolai bestatteten Borchard, mehrfach mit akademischen Titeln erwähnt, die in der Inschrift fehlen. Es wird sich also wohl bei dem inschriftlich Genannten um den Sohn von Borchard und Gertrud handeln. Vielleicht bewohnte dieser parvus dominus Borchardus Plotze ein Haus, das danach der Bürgermeister Cord Bischop besaß.6)

Textkritischer Apparat

  1. vltima] septima Haselberg.
  2. p(re)sb(ite)r] pl(e)b(anu)s Haselberg.
  3. or(ate)] Oder or(a).

Anmerkungen

  1. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 195.
  2. Hagemeister, Nikolaikirche, S. 13; Zaske, Kirchen Stralsunds, S. 96.
  3. Alle Angaben zu den im Folgenden genannten Personen, wo nicht anders nachgewiesen, nach StA Stralsund, Hs. 359 (Dinnies, Verzeichnis 1), S. 115–117; StA Stralsund, Hs. 364 (Dinnies, Stammtafeln 1), S. 106a–107a.
  4. Der Scholar Burchard Plötz wird 1409 als Vertreter einer Vikarie in St. Nikolai am Altar im Ratsgestühl präsentiert; vgl. Stadtarchiv Stralsund, Städtische Urkunden Nr. 651 (nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche, 30.12.2014).
  5. Vgl. dazu Burkhard Plottze, in: RAG, 19.12.2014. Der in zwei Urkunden des Jahres 1428 und 1429 genannte Burchard Plötz wird ausdrücklich als artium liberalium magister et in decretis baccalaureus bezeichnet. Es wird sich daher ebenfalls um den Sohn von Johannes und Tilseke handeln; vgl. Stadtarchiv Stralsund, Städtische Urkunden Nr. 821 und 825 (nach Stadtarchiv Stralsund, Online-Recherche, 30.12.2014).
  6. Schroeder (Hg.), Liber memorialis 5, Nr. 44.

Nachweise

  1. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 496.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 52 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0005204.