Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 47 St. Nikolai um 1410–1420

Beschreibung

Skulptur des heiligen Olav in einem Schrein mit Flügeltüren. Holz, farbig gefasst. Seit 1999 am dritten nördlichen Chorpfeiler. Die nur teilweise erhaltenen, zweiteiligen Flügeltüren und die Sitzfigur wurden erstmals 1937 und zuletzt bis 1999 restauriert bzw. erneuert, der Schrein neu angefertigt.1) Die Flügel wurden zwischenzeitlich im Museum aufbewahrt. Erhalten sind im Schrein die Skulptur des thronenden heiligen Olav, unter seinen Füßen ein Drache, außen auf den Flügeln drei Tafelbilder mit Heiligendarstellungen, links Birgitta mit Schreibfeder und Buch sowie Olav mit Reichsapfel und Streitaxt, rechts Sunniva mit einem Felsen in der Hand, die zweite Flügelhälfte rechts fehlt. Auf den Innenseiten waren acht Szenen aus der Vita Olavs zu sehen, von denen sechs ganz oder teilweise erhalten sind: links außen Bekehrung und Taufe Olavs, innen die Schiffsreise nach Norwegen und eine nur teilweise erhaltene, nicht mehr identifizierbare Szene, vielleicht die Krönung. Rechts innen Olav in der Schlacht von Stiklestad, in der er starb, sowie schließlich betende Pilger an seinem Grab. Die gemalten Beischriften unter den Heiligendarstellungen sind teilweise so schlecht erhalten, dass nur noch schwache Umrisse zu erkennen sind.

Maße: H. 149 cm, Br. 195 cm (geöffnet). Bu. 2,4 cm (A, B, C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

Jürgen Herold [1/4]

  1. A

    Sancta ˑ birgitta ˑ

  2. B

    Sanctus ˑ olav(us) [rex]a)

  3. C

    San[c]ta ˑ s[uniu]ab) v[irg]o ˑ

Übersetzung:

(A) Die heilige Birgitta.

(B) Der heilige König Olav.

(C) Die heilige Jungfrau Sunniva.

Kommentar

Die stilistische Datierung des Werks wird übernommen.2) Die besonders in Skandinavien verehrten Heiligen König Olav von Norwegen, Birgitta von Schweden und Sunniva von Bergen weisen auf die Stralsunder Bergenfahrer als Auftraggeber hin.3) Hinsichtlich der Funktion des Schreins wird einerseits von einem verschließbaren Heiligenschrein, andererseits vom Rest des Retabels der Bergenfahrer, deren Altar sich im Westen des südlichen Seitenschiffs befunden habe, gesprochen.4) In diesem Bereich der Kirche befand sich auch die Wandmalerei mit einer weiteren Darstellung der heiligen Sunniva (Kat.-Nr. 51).

Textkritischer Apparat

  1. Nach dem Namen folgte ursprünglich ein weiteres, kurzes Wort, bei dem es sich um das hier vorgeschlagene handeln könnte.
  2. Zwischen Schaft-s am Wortanfang und dem abschließenden a sind noch Reste von sechs Hasten zu erkennen, die vorgeschlagene Ergänzung der Inschrift erfordert jedoch sieben Hasten. Ob und wie das Wort gekürzt war, ist nicht mehr zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Dazu Kunkel, Werk, S. 377f.
  2. Kunkel, Werk, S. 377, auf der Basis der älteren Literatur.
  3. Vgl. die Weihe eines Olav- und Sunniva-Altars um 1400 in der Lübecker Marienkirche für die dortigen Bergenfahrer (Bruns, Lübecker Bergenfahrer, S. CXXVIIf.). Die heilige Sunniva war Schutzpatronin der Stadt Bergen (Bruns, Lübecker Bergenfahrer, S. CXXXVI); zu Olav vgl. Friedland, Olav, passim.
  4. Kunkel, Werk, S. 377f. (Einzelfigurenschrein); Weitzel, St. Nikolai, S. 195f. (Retabelrest).

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 47 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0004703.