Inschriftenkatalog: Stralsund

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 102: Inschriften Stadt Stralsund (2016)

Nr. 6 St. Nikolai 1338

Beschreibung

Grabplatte für Gerwin Storkow. Kalkstein. Zuerst 1741 und erneut 1839 im Fußboden der dritten Kapelle des südlichen Seitenschiffs aufgedeckt.1) Seit den vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts ist die hochrechteckige Platte an der Außenwand dieser Kapelle2) in einem hölzernen Rahmen befestigt.3) Oberfläche teilweise beschädigt. Im Innenfeld unter einem Vierpassfries Blattwerk und zwei Baldachine, in den Nischen darunter vom Betrachter aus rechts die betende Gestalt des Verstorbenen, unter seinem Kopf ein über Eck gestelltes Kissen. Die linke Nische ist leer. Die umlaufende Inschrift erhaben in vertiefter Zeile, in den Ecken Blütenornamente. Als Worttrenner dienen einfache und doppelte Blüten.

Maße: Br. 147 cm (sichtbarer Stein innerhalb des Rahmens), H. 269 cm. Bu. 8,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Jürgen Herold [1/1]

  1. ANNO : D(OMI)NI : M : CCC : ‎/ XXXˑVIII : FERIA : SECUNDA : POST : FESTV(M) ‎/ DYONISII : O(BIIT) ˑ GHER‎/WINUS : STORKOWE : ORATE : DEV(M) ˑ P(RO) : A(N)I(M)A : EI(VS)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1338 am Montag nach dem Fest des heiligen Dionysius (12. Oktober) starb Gerwin Storkow. Betet zu Gott für seine Seele.

Kommentar

Die Inschrift ist in einer sorgfältigen gotischen Majuskel ausgeführt. Die breiten Buchstaben haben gerade Innenkonturen, an vielen Sporen setzen kleine Zierblättchen an. An runden und unzialen Formen kommen vor: C, E, F, M mit geschlossenem linken Bogen, N und T. C und E sind geschlossen, die Abschlussstriche zeigen hakenförmige Enden, Y ist gebogen.

Gerwin Storkow bürgte 1322 bei einer Bürgerneuaufnahme, war 1328/1329 Mitglied des Stralsunder Rats und ist im Dezember 1329 als olderman der Stadt belegt.4) Seine Schwester Margarete war Nonne im Zisterzienserinnenkloster Krummin (Insel Usedom, Ldkr. Vorpommern-Greifswald).5) In seinem Testament vom 20. Mai 1338 stellte Storkow 200 Mark sundisch für die Einrichtung einer Vikarie in St. Nikolai zur Verfügung.6) Vielleicht ist er daher auch als Auftraggeber der Retabelmalerei in der Kapelle, in der er nach seinem Tod bestattet wurde, anzusehen (Kat.-Nr. 5).

Wer unter der Grabplatte neben Gerwin Storkow bestattet werden sollte, ist nicht bekannt. Eine weitere Inschrift für eine zweite Person hätte keinen Platz gefunden, der Sterbevermerk für Storkow füllt die umlaufenden Zeilen vollständig aus. Wäre die linke Nische für die Ehefrau bestimmt gewesen, würde diese Anordnung dem Usus widersprechen, dass der Mann auf dem ranghöheren Platz heraldisch rechts dargestellt wurde. Eine davon abweichende Anordnung konnte allerdings generell dann gewählt werden, wenn die Ehefrau höheren Standes war.

Anmerkungen

  1. Vgl. StA Stralsund, Hs. 303, Bl. 43v–44v.
  2. Huyer, Nikolaikirche, S. 39 Nr. 45 (Archiv der Nikolaikirche, Fach VII Nr. 12, Ratsbescheid vom 3.12.1841).
  3. Siehe Grundriss St. Nikolai, Nr. 283.
  4. Vgl. Ebeling (Hg.), Bürgerbuch, Nr. 207; Brandenburg, Magistrat, S. 82; Schroeder (Hg.), Liber memorialis 1, Nr. 353; PUB 7, Nr. 4424, 4454. Ebd., Nr. 4534 (1329) wird Gerwin Storkow nur als Bürger bezeichnet.
  5. PUB 8, Nr. 4857.
  6. PUB 10, Nr. 5626; vgl. auch Huyer, Nikolaikirche, S. 39 Nr. 45; Lusiardi, Stiftung, S. 111.

Nachweise

  1. StA Stralsund, Hs. 303, Bl. 44v.
  2. StA Stralsund, Hs. 628, Bl. 79v.
  3. Haselberg, Stadtkreis Stralsund, S. 495.

Zitierhinweis:
DI 102, Inschriften Stadt Stralsund, Nr. 6 (Christine Magin), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di102g018k0000602.