Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 422† Rathaus 1564 o. 1609?

Beschreibung

Inschriften, bei Büttner mit der offenbar nachgetragenen Lokalisierung In der Küchen versehen. Die Alte Ratsküche befand sich auf der Südseite des Gebäudekomplexes (vgl. Kommentar).1)

Inschriften nach Büttner.

  1. A

    Non viribus aut celeritate corporum res magnae geruntur sed consilio et autoritate2)

  2. B

    Fidi Silentii tuta sunt Praemia3)

  3. C

    Conjunctio animorum maxima cognatio4)

  4. D

    Respublicae nullo munimento tutiores sunt quam virtute civium5)

  5. E

    Discat posteritas mores servare parentum6)

  6. F

    [ – – – ]aepius [ – – – ]sa expe[ – – – ]n est sa[ – – – ]ntis

  7. G

    Gloria vitae anteactae celebrem facit etiam in terrae visceribus sepultum

  8. H

    Nihil simul et inv[entum] et perfectum7)

Übersetzung:

Nicht durch Körperkräfte und Geschwindigkeit werden große Dinge bewerkstelligt, sondern durch Überlegung und Kompetenz. (A) Der Lohn des verlässlichen Schweigens ist sicher. (B) Eine Verbindung der Seelen ist die engste Verwandtschaft. (C) Gemeinwesen sind durch keine Befestigung sicherer als durch die Tüchtigkeit ihrer Bürger. (D) Die Nachwelt soll lernen, die Sitten der Vorfahren zu bewahren. (E) Der Ruhm des voraufgegangenen Lebens macht den Begrabenen berühmt, auch wenn er im Inneren der Erde begraben ist. (G) Nichts ist zugleich erfunden und vollendet. (H)

Versmaß: Ein Hexameter (E).

Kommentar

Die Art der Inschriften passt zu den auf der Nord- und Westseite des Rathauses angebrachten Inschriftenprogrammen von 1564 oder 1609 (vgl. dazu Nr. 418) und lässt daher an eine gleichartige bzw. gleichzeitige Ausführung denken. Merkwürdig ist allerdings die Lokalisierung Büttners, da eine Anbringung des Inschriftenprogramms weder in der Küche noch außen an dem eher unscheinbaren Küchengebäude besonders plausibel erscheint. Da zugleich keine Inschriften für den Fries am Neuen Bau zwischen dem Neuen Rathaus und dem Sekretarienhaus überliefert sind, wäre zumindest in Erwägung zu ziehen, ob Büttner hier nicht den Neuen Bau meinte, in dem sich zu seiner Zeit im Erdgeschoss eine Speisekammer mit Zugang zur Küche im Sekretarienhaus befand.8)

Anmerkungen

  1. In den Darstellungen zur Entwicklung des Rathauskomplexes mit Nr. 9 bezeichnet. Vgl. Ganzert, Rathaus, Bd. 1, S. 18–24. Vgl. a. S. 27, Abb. 3 u. 4, die das Äußere der Ratsküche zeigen.
  2. Cicero, Cato Maior de Senectute, 17.
  3. Erasmus, Apophthegmatum Liber IV,1065, S. 317. Danach ursprünglich eine griechische Sentenz.
  4. Publilius Syrus zugeschrieben: Publilii Syri Sententiae, S. 32, Apparat zu B16.
  5. Vgl. Plutarch, Apophthegmata Laconica 2,30.
  6. Diese Inschrift mit der Lokalisierung Über dem Eintritt der Rahtstuben auch in einem Reisebericht aus dem Jahr 1610 (Michael Heberer von Bretten). Schwarzwälder, Reisen, S. 350.
  7. Cicero, Brutus, 71.
  8. Vgl. Adam, Rathauskomplex, S. 199.

Nachweise

  1. Büttner, Inscriptiones.
  2. Michael Heberer von Bretten in: Schwarzwälder, Reisen, S. 350 (D).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 422† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0042207.