Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 174 Museum Lüneburg E. 15. Jh., 1566

Beschreibung

Kelch.1) Silber, vergoldet. Die ursprüngliche Bestimmung des Kelchs ist unbekannt, nach einer Umarbeitung wurde er 1566 dem Hospital im Gral gestiftet, später wurde er im Rathaus aufbewahrt. Der Kelch wurde wohl 1566 oder auch noch später aus verschiedenen Einzelbestandteilen zusammengefügt. Sechspassfuß mit breiter getreppter Sockelplatte und durchbrochener Zarge, um den Rand verläuft ein graviertes Schriftband mit der Inschrift A, die Worttrenner in Form kleiner Ranken. In einem Fußsegment ist eine plastische Kreuzigungsgruppe aufgelötet. In den Rotuli des Nodus die Buchstaben der Inschrift B glatt vor aufgerautem Hintergrund, auf zwei Schaftstücken oberhalb des Nodus die Inschrift C, auf dem oberen Schaftstück glatt vor Kreuzschraffur, auf dem unteren glatt vor waagerechter Schraffur, auf dem Schaftstück unterhalb des Nodus die Inschrift D glatt vor Kreuzschraffur. Unter dem Fuß verläuft die später eingravierte Inschrift E um den Rand, die in einem Segment im Innenfeld fortgesetzt ist. Die Worttrenner in Form kleiner Kreise. Die hohe, etwas unproportioniert wirkende Kuppa jünger. Unter dem Fuß zwischen Ende und Beginn der umlaufenden Inschrift das Lüneburger Beschauzeichen und eine Meistermarke.2)

Maße: H.: 27 cm; Dm.: 14,9 cm (Fuß), 14,2 cm (Kuppa); Bu.: 0,5 cm (A, E), 0,9 cm (B), 1,4 cm (C, D).

Schriftart(en): Frühhumanistische Kapitalis (A–D), Kapitalis (E).

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/4]

  1. A

    DOT · DORCH · GOT VNDE · BIDDET · VOR · DIDERICK · HESSEBEKEN · SELE DAT · OM GOT GNEDECH SI ·

  2. B

    IHESVS

  3. C

    IHESVS // CHRIST

  4. D

    S(ANCTA) MARIA

  5. E

    D(OMINVS) · NICOLAVS · DE · TZERSTEDE · D(OMINI) · GEORGIVS · BORCHOLT · GEORGIVS · DITMERS · ET · ANDREAS · DE · BAVENTEN · TESTAMENTARII · CONRADI · SLVTERS · DEDERVNT · DOMVI MISERICO//RDIE · ANNO / 1566

Übersetzung:

Handelt durch Gott und bittet für Diderik Hessebekens Seele, dass ihm Gott gnädig sei. (A) Herr Nikolaus von Tzerstede, die Herren Georg Borcholt, Georg Dithmers und Andreas von Baventen, Testamentsvollstrecker des Conrad Sluter, haben (dies) dem Haus der Barmherzigkeit gestiftet im Jahr 1566. (E)

Kommentar

Die Ausführung der Inschriften A–D in einer ausgeprägten frühhumanistischen Kapitalis legt eine Entstehung des Kelchs gegen Ende des 15. Jahrhunderts oder zu Anfang des 16. Jahrhunderts nahe (vgl. den inschriftlich auf 1499 datierten Kelch Nr. 173). Als typische Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis finden sich hier A mit langem Deckbalken nach links, eingerolltes D und gegengleich gestaltetes eingerolltes G, epsilonförmiges E und byzantinisches M.

Es ist nicht sicher, ob es sich bei Diderik Hessebeken um einen Lüneburger Bürger handelte, da die Versatzstücke, aus denen der Kelch zusammengesetzt ist, auch aus einem anderen Ort stammen können. In den einschlägigen Quellen lässt sich der Name nicht nachweisen. Bei dem 1566 verstorbenen Stifter des Kelchs handelt es sich wohl um den Lüneburger Bürger Cord Sluter, der am 21. Juli 1530 einen Ehevertrag mit Dorothea, der Witwe des Gerd Gherckens, abschloss.3) Sein Testament, in dem er die Stiftung des Kelchs verfügt haben wird, ist nicht erhalten. Zu dem Testamentsvollstrecker Nikolaus I. von Tzerstede vgl. Nr. 511, zu Georg Dithmers vgl. Nr. 450.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. H 102.
  2. Unbekannter Meister, vgl. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 2, S. 941, Nr. 184.
  3. StA Lüneburg, UA a: 1530 Juli 21.

Nachweise

  1. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 276.
  2. Körner, Leitfaden, S. 153, H 102.
  3. Michael, Führer, S. 203, H 102.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 174 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0017400.