Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 612† St. Johannis, Friedhof 1592

Beschreibung

Grabplatte für die frühverstorbenen Kinder des Ludolph von Dassel. Nach Rikemann lag die – offenbar außergewöhnlich große – Platte in der Erde zwischen dem Fußsteig und der Kirchhofsmauer unterhalb der Grabplatte des Johannes Grote (vgl. Nr. 20). Rikemann bewahrte in der Transkription anscheinend die Anordnung der Inschriften auf dem Stein: die Inschrift B war dreispaltig, die Inschriften D und F waren zweispaltig angeordnet.

Inschriften nach Rikemann.

  1. A

    Epitaphium Filiorum Ampl(issimi) et clariss(imi) viri Domini Ludolphi a Dassel cons(ul) Reipub(licae) Lunaeb(urgensis)

  2. B

    Ludolphus obÿt / 12 Decemb(ris) A(nno) 1577 // Gemelli nati / 7 octob(ris) A(nno) 1577 // obÿt statim post / partum1)

  3. C

    Hic dulcem capiunt corpuscula bina quietemEt velut in cunis delituere suisSed dulces animae coelestia regna colentesJam sunt angelici lumina clara chori

  4. D

    Ludolphus na/tus 10 Aprilis / A(nn)o 1584 // obÿt 9 octobris / A(nn)o 1592

  5. E

    Tu vero Ludolphe tuae pie floscule gentisSpes patris et patriae magna aliquando tuaea)Quam desiderium magnum post fata relinquisSed longum salve perpetuumque vale

  6. F

    Christophorus na/tus 21 Februarÿ / A(nn)o 1587 // obÿt 8 Julÿ An/no 1590

  7. G

    Christophorus qui nomen avi Geniumque parentisEt pulchrum a Christi nomine nomen habetDulce iugum Christi2) teneris portavit in annispro cruce iam Christi laurea serta geritPaterDepositum tutum est haec pignora chara fueruntDepositum Christi depositumque patrisDepositum tibi reddo tuum pie Christe sequestroDepositum reddes et mihi terra meum

Übersetzung:

Epitaph der Söhne des hochbedeutenden und hochberühmten Mannes Herrn Ludolph von Dassel, Ratsherrn der Stadt Lüneburg. (A)

Ludolph starb am 12. Dezember im Jahr 1577. Die Zwillinge wurden am 7. Oktober im Jahr 1577 geboren. Er (der zweite Zwilling) starb unmittelbar nach der Geburt. (B)

Hier gewinnen zwei Körperchen die süße Ruhe, gleichsam als ob sie sich in ihren Wiegen verborgen haben. Aber die süßen Seelen, die die himmlischen Reiche bewohnen, sind jetzt schon helle Lichter im Engelschor. (C)

Ludolph, am 10. April im Jahr 1584 geboren, starb am 9. Oktober im Jahr 1592. (D)

Du aber, Ludolph, frommes Blümchen deiner Familie, einst große Hoffnung deines Vaters und deiner Vaterstadt, welch große Sehnsucht lässt du nach deinem Tod zurück. Aber sei für lange Zeit gegrüßt und lebe für immer wohl. (E)

Christoph, am 21. Februar im Jahr 1587 geboren, starb am 8. Juli im Jahr 1590. (F)

Christoph, der den Namen des Großvaters und den Genius des Vaters und seinen schönen Namen vom Namen Christi trägt, hat das süße Joch Christi in zartem Alter getragen, und jetzt trägt er anstelle des Kreuzes Christi einen Lorbeerkranz. Der Vater: Ein Pfand ist sicher. Diese lieben Kinder waren ein Pfand Christi und ein Pfand des Vaters. Dein Pfand gebe ich dir, gütiger Christus, als der Mittelsperson zurück. Du und die Erde werdet mir meines zurückgeben. (G)

Versmaß: Elegische Distichen (C, E, G).

Kommentar

Die Art, in der in den Inschriften der frühe Tod von vier Söhnen beklagt wird, ist außergewöhnlich poetisch und sehr selten auf einem für Kinder bestimmten Grabdenkmal. Bemerkenswert ist, dass in den Inschriften nur von dem trauernden Vater, dem Bürgermeister Ludolph von Dassel (vgl. Nr. 804) die Rede ist, aber nicht von der Mutter der Kinder, Ilsabe Dithmers (vgl. Nr. 735). Nur zwei Töchter des Ehepaars – Ilsabe und Anna (vgl. Nr. 621) – überlebten das Kindesalter.3)

Textkritischer Apparat

  1. Unsichere Lesung.

Anmerkungen

  1. Der Anordnung der Inschrift nach dürfte die Inschrift B für Zwillinge stehen, von denen einer den Vornamen Ludolph trug, der andere namenlos blieb, weil er unmittelbar nach der Geburt starb.
  2. Vgl. Mt. 11,30.
  3. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Dassel II.

Nachweise

  1. Rikemann, Libellus, fol. 12r/v.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 612† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0061202.