Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 565 Schröderstr. 16 vor 1586

Beschreibung

Bemalte Holzbalkendecke im Obergeschoss. Die Decke gehörte zu einem Vorraum des ebenfalls mit einer Balkendecke ausgestatteten Saals (Nr. 423) im ersten Obergeschoss des Hauses (eine weitere Balkendecke im Flügel an der Apothekenstraße Nr. 564). Die Decke des Vorraums zeigt in vier langen, durch Trägerbalken voneinander getrennten Feldern in runden Medaillons Köpfe von inschriftlich bezeichneten biblischen Figuren des Alten Testaments. Die Tituli in weißer Farbe über den Köpfen. Zwischen den Medaillons und mit diesen durch gemalte Leisten verbunden quadratische Felder mit Rosetten, die übrigen Flächen sind mit in Grüntönen gemaltem Rollwerk gefüllt, darin Masken und Fruchtarrangements.

Maße: Bu.: 4–5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/3]

  1. · IOSVA · // IONATAN // [ – – – ]a) GEDION . // DAVIDT . // AMA[....]b)[...]TH[..]c) // ABIA // EZECHIASSAMSON // ASSA // IVDAS MACHAB[EV]S

Kommentar

Die scheinbar etwas willkürlich ausgewählten Figuren aus dem Alten Testament verbindet, dass sie alle als Krieger und Heerführer charakterisiert sind.1) Dementsprechend sind sie mit Ausnahme von David und Samson auch alle in Rüstung mit Helm dargestellt. Die Reihe der hier dargestellten biblischen Personen wurde dem von Georg Pencz illustrierten Einblattdruck Die Erenport der zwelff Sieghafften Helden des alten Testaments. vnd ander Thyrannen  (undatiert, 1531?) mit Versen von Hans Sachs zu den Taten der in Halbfigur Dargestellten entnommen.2) Die Köpfe der Deckenmalerei orientieren sich aber nicht an dem Holzschnitt. Da dieser Flügel des Gebäudes von Heinrich Töbing um 1560 errichtet wurde,3) ist es wahrscheinlich, dass die Deckenmalerei noch vor seinem Tod 1586 ausgeführt wurde. Die hohe Qualität der Bemalung, ganz besonders auch die Plastizität des gemalten Rollwerks, könnten darauf schließen lassen, dass diese Balkendecke von Daniel Frese ausgeführt wurde, der mit seiner Werkstatt seit 1570 auch im Haus von Franz Witzendorff am Markt tätig war (vgl. Nr. 436).

Textkritischer Apparat

  1. Hier fehlt IOSAPHAT.
  2. Zu AMA[SIAS] zu ergänzen.
  3. Zu [IEP]TH[A] zu ergänzen.

Anmerkungen

  1. Den Spekulationen Dülbergs (Ikonographie, S. 148) über das ikonographische Programm liegen teilweise falsche Identifizierungen (Amadis von Gaula, Josaphat als Held eines mittelalterlichen Romans) zugrunde.
  2. Abb. gedr. bei: Konrad Maier, Könige, Helden und Tyrannen. In: Niedersächsische Denkmalpflege 14, 1989–1990, S. 108–139, hier S. 120. Zu dem Holzschnitt, der 1558 erneut gedruckt wurde, S. 119. Reliefs der zwölf Figuren des Alten Testaments, von denen noch Fragmente erhalten sind, waren zusammen mit zwei weiteren Zwölferreihen am Celler Schloss angebracht. Dazu Maier, passim, u. Nr. 625.
  3. Vgl. Terlau-Friemann, Patrizierarchitektur, S. 255–259; Böker, Baudenkmale Lüneburg, S. 566.

Nachweise

  1. Haupt, Ratsstube, S. 207.
  2. Katalog Raumkunst, Abb. S. 245.
  3. Böker, Baudenkmale Lüneburg, Abb. S. 567.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 565 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0056505.