Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 543 Rathaus 1582

Beschreibung

Portal. Eichenholz. Die zur Laube führende Tür der Großen Ratsstube wird von zwei weiblichen Figuren eingerahmt, links die bisher in der Literatur irrtümlich als Fides bezeichnete Concordia, gekennzeichnet durch zwei sich reichende Hände mit einem Zweig auf dem Wappenschild, sie wird von Christus gekrönt; rechts Justitia mit Schwert und Waage, die von Gottvater gekrönt wird. Über der Tür eine reich mit Schnitzereien verzierte Ädikula, darin ein von Karyatiden gerahmtes Relief mit der Hinrichtung des Sohnes des Titus Manlius Torquatus. Auf einem Stein unten rechts die Künstlersignatur A. Auf dem Fries über dem Relief die Inschrift B. Beide Inschriften sind erhaben geschnitzt, die Inschrift B in Gold auf schwarzem Grund gefasst.

Maße: Bu.: 3 cm (A), 5–3 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/2]

  1. A

    A(LBERT) V(ON) S(OEST)a)

  2. B

    T(ITVS) MANLIVS TORQVATVS III. CO(N)S(VL) FILIVM SINE IVS=/SV SVO CVM HOSTE CONTRA EDICTVM PROSPERE / PVGNANTEM SECVRI PERCVSSIT. LIVIVS LIB. VIII. DECAD. I1)

Übersetzung:

Titus Manlius Torquatus, dreimal Konsul, richtete seinen Sohn, der ohne seinen Befehl entgegen der Verfügung mit dem Feind erfolgreich kämpfte, mit dem Beil hin. Livius im 8. Buch der ersten Dekade.

Kommentar

Das von Albert von Soest angefertigte und signierte Portal, das die typischen Schriftmerkmale des Bildhauers zeigt (vgl. dazu Nr. 447), wurde nach einer Eintragung im Kämmereiregister 1582 vollendet.2) Zu den Vorlagen für das Relief vgl. Haupt.3) Anders als bei dem Portal Nr. 534 sind hier in der die Darstellung erläuternden Inschrift nicht die Tugenden genannt, die der römische Held Titus Manlius Torquatus verkörpert, sondern die dargestellte Szene wird sehr genau erläutert. Auch hier ist wieder der entsprechende Literaturnachweis beigefügt, um dem gebildeten Betrachter die Möglichkeit zu geben, die Episode bei Livius nachzulesen. Vgl. dazu Nr. 534.

Textkritischer Apparat

  1. S mit V verschränkt.

Anmerkungen

  1. Livius, Ab urbe condita, 7,10. Zu der Stellenangabe in der Inschrift vgl. den Kommentar zu Nr. 534.
  2. Zit. bei Behncke, Albert von Soest, S. 109 (StA Lüneburg, AB 56/5, p. 441). Da es neben diesem speziellen Eintrag auch mehrere pauschale Einträge gibt, die sich auf die Arbeit des Albert von Soest in der großen Ratsstube beziehen, lässt sich nicht genau beziffern, in welcher Höhe der Bildhauer für das Portal entlohnt wurde.
  3. Haupt, Ratsstube, S. 85–87.

Nachweise

  1. Albers, Rathaus, S. 32f.
  2. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 183 (nach Albers).
  3. Behncke, Albert von Soest, S. 27f.
  4. Haupt, Ratsstube, S. 85, Abb. S. 84.
  5. Uppenkamp, Ikonographie, S. 332 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 543 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0054305.