Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 528† St. Johannis, Schule 1580

Beschreibung

Bauinschrift. Die Inschrift stand zusammen mit dem Wappen der Stadt Lüneburg auf einem Fries unterhalb der Fenster im ersten Obergeschoss des zweistöckigen Gebäudes.

Inschrift nach Büttner.

  1. Nobile Magnifici decus est et summa SenatusGloria collapsas aedificare scholasHospitaque ingenuis aperire palatia MusisIn quibus agnitio floreat alma Dei5In quorum medio ludat Sapientia coetuEt tenerum coeli ducat ad astra gregemHas sedes atque haec sacraria casta scholarumTu rege tu sancto Flamine Christe tuoDiscentum tu corda move mentesque docentum10Flecte patrocinio sit schola tuta tuoAspice magnanimos Luneburgica signa LeonesIn quibus et virtus et grave robur inestAspice quam forti tueantur foedere turresNe dolus aut ne vis ulla nocere queat15Sic o Christe leo celebri de stemmate Jhuda1)In nostris Princeps turribus esse velisPrima tibi semper sit curae Ecclesia turrisQua salva est salvus totius Urbis honosCuria consilii sedes est altera turris20Praesidio constet judicioque tuoSit schola salva urbis decus et ceu tertia turrisTurribus his salvis omnia salva manent

Übersetzung:

Es ist eine wahre Zierde und der höchste Ruhm für einen hochherzigen Rat, die verfallenen Schulen wiederaufzubauen und gastliche Paläste für die edlen Musen zu eröffnen, in denen die hehre Erkenntnis Gottes erblühen kann, [5] in deren Mitte die Weisheit spielen und die junge Schar (der Schüler) zu den Sternen des Himmels emporführen kann. Diesen Sitz (dieses Schulgebäude) und die reinen Heiligtümer der Schulen lenke du, Christus, und bewege du mit deinem Heiligen Geist die Herzen der Lernenden und rühre an den Geist der Lehrenden: [10] durch deinen Schutz sei diese Schule gesichert. Sieh auf die hochherzigen Löwen, das Wappen der Stadt Lüneburg, in denen große Tüchtigkeit und große Kraft steckt. Sieh, in welch starkem Bündnis sie die Türme beschützen, dass keine böse List und keine Gewalt Schaden anrichten kann. [15] Möchtest du doch, o Christus, du Löwe aus dem ruhmreichen Stamme Juda, der Fürst sein in unseren Türmen. Als erster Turm sei dir stets ans Herz gelegt die Kirche: wenn sie unversehrt ist, bleibt auch die Ehre der ganzen Stadt unversehrt. Die Kurie als Sitz des Rats ist der zweite Turm: [20] sie möge fest stehen unter deinem Schutz und deinem lenkenden Urteil. Schließlich sei die Schule wohlbehalten, eine Zierde der Stadt und gleichsam der dritte Turm. Wenn diese Türme in gutem Zustand sind, bleibt alles in gutem Zustand.

Versmaß: Elegische Distichen.

Kommentar

Bei Büttner ist die Inschrift und der Schulneubau des Johanneums auf das Jahr 1580 datiert, die feierlichen Einweihung der neuen Schule fand am 26. April 1581 statt (vgl. Nr. 535 u. 536). Das Schulgebäude, das 1828/29 durch einen Neubau ersetzt wurde, befand sich auf der Nordseite des Johanniskirchhofs. Zu seiner Errichtung liegen detaillierte Rechnungen vor. Allein für die Vergoldung der Inschriften wurden 34 Mark ausgegeben.2) Laut Volger war die außen angebrachte Inschrift schon lange vor dem Neubau im 19. Jahrhundert nicht mehr vorhanden.

Reinecke3) gibt den Inhalt der Inschrift in einer Zusammenfassung wieder, übersieht dabei aber, dass es sich bei den Versen um eine detaillierte Ausdeutung des Lüneburger Stadtwappens handelt, dessen drei Türme sinnbildlich für die Institutionen Kirche – nicht speziell St. Johannis, wie Reinecke meint –, Rathaus und Schule stehen, die die sichere Grundlage für die Existenz der Stadt bilden. Der Verfasser der Verse ist nicht bekannt, es ist jedoch naheliegend, dass Lucas Lossius (vgl. Nr. 541), der langjährige Konrektor des Johanneums, die Inschrift für das neue Schulgebäude konzipierte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Apc. 5,5.
  2. Volger, Johanneum, S. 42. Die von ihm zitierte Rechnung in der Akte StA Lüneburg, AA S3a Nr. 4b.
  3. Reinecke, Geschichte, Bd. 2, S. 186f.

Nachweise

  1. Büttner, Annales scholae, fol. 36v.
  2. Reinecke, Geschichte, Bd. 2, S. 187 (letzter Pentameter).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 528† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0052801.