Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 483† St. Lamberti 1574

Beschreibung

Gemälde, ganzfiguriges Porträt des Johannes Hus, zu einer Reihe von drei Reformatoren-Porträts gehörend (vgl. a. Nr. 481 u. 482). Im 19. Jahrhundert angefertigte Kopien der drei Gemälde, die aus St. Lamberti stammen und dort die beschädigten Originale ersetzten,1) hängen heute in St. Johannis in den beiden ersten Kapellen von Westen im äußeren nördlichen Seitenschiff. Sie stellen eine besondere Art der kopialen Überlieferung der Inschriften der älteren Gemälde dar. Auf dem jüngeren Gemälde ist Hus in einer Studierstube dargestellt, in der rechten Hand hält er ein Buch, mit der linken Hand weist er auf eine aufgeschlagen auf einem Tisch liegende Schrift, darin rechts die Inschrift A, links die Inschrift B, auf einem von dem Tisch herabhängenden Zettel die Inschrift C.

Inschriften nach der jüngeren Kopie des Gemäldes.2)

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/2]

  1. A

    Heute bratet / ihr ein Ganss / über 100 / Jahr wird / ein / Weis=/ser Schwan / kom(m)en den / werdet ihr nicht / tödten können

  2. B

    VItaM heV / ConstantI / ConstantIa / Vt abstVLIt / HVsso /reLLIqVIIs / VstI rhenVs / VbIqVe VIget

  3. C

    A(nn)o 1401. / Hat M(agister) IOHAN(N)ES / HUSS angefangen / zu Predigen in / der Kirche Bethle=/hem zu Prag. A(nn)o 1415 zu Costnitza) / verbrandt.

Übersetzung:

Nachdem Konstanz, oh weh, dem standhaften Hus das Leben genommen hat,3) ist der Rhein überall stark durch die Überreste des Verbrannten.

Versmaß: Ein elegisches Distichon (B), das Chronodistichon enthält das Todesjahr des Johannes Hus 1415.

Kommentar

Das Gemälde dürfte gleichzeitig mit dem auf 1574 datierten Porträt Luthers (Nr. 481) entstanden sein. Die Inschrift A bezieht sich auf einen Hus – einer protestantisch geprägten Legendenbildung nach – zugeschriebenen Ausspruch, den dieser vor seiner Hinrichtung getan haben soll und der sich auf die Bedeutung seiner Namens im Tschechischen bezieht (husa = Gans). Hieraus erwuchs die Zuordnung des Schwans zu Luther (vgl. die Darstellung im Gemälde Nr. 481).

Textkritischer Apparat

  1. Gemeint ist Konstanz.

Anmerkungen

  1. Bode, Kirchen, Nr. 250.
  2. Maße der Kopie: H.: 237 cm (mit Rahmen); B.: 170 cm; Bu.: 1–2 cm.
  3. Das Wortspiel constanti Constantia lässt sich nicht übersetzen.

Nachweise

  1. Bode, Kirchen, Nr. 250 (B).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 483† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0048307.