Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 343 Berlin, Kunstgewerbemuseum 1541

Beschreibung

Aquamanile in Form eines stehenden Löwen, ‚Kleiner Gießlöwe‘.1) Silber, teilweise vergoldet. Der Gießlöwe gehört zum Ratssilber und wurde 1874 an den preußischen Staat verkauft. Aus dem Maul ragt ein Drachenkopf, zwei kleinere Drachenköpfe als Ausgussröhren im Maul des Drachens. Auf der Brust und auf dem Deckel der Eingussöffnung am Hinterkopf ein Wappenschild, unter dem Bauch auf glattem Grund ein eingraviertes gewundenes und vergoldetes Schriftband, darauf zwischen Linien die gravierte Inschrift. Ohne Marken und Beschauzeichen.

Maße: H.: 30 cm; L.: 40 cm; B.: 12,7; Bu.: 0,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis mit einzelnen Elementen der frühhumanistischen Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/2]

  1. HER : DIRICK : VND : IOHANN : DARRINCK · AN(N)O : 1541

Wappen:
Döring2)Döring2)

Kommentar

Aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Großen Gießlöwen (Nr. 336) wird auch sein kleineres Gegenstück in der älteren Literatur dem Lüneburger Goldschmied Jochim Gripeswoldt zugeschrieben (vgl. Nr. 313).3) Im Gegensatz zu der Inschrift auf dem Großen Gießlöwen finden sich hier jedoch keine retrograden N und auch nicht das oben offene D. Stattdessen zeigt die Inschrift einzelne Merkmale der frühhumanistischen Kapitalis wie A mit großem Deckbalken nach links, Nodi am I und an der Schräghaste des N sowie H mit ausgebuchtetem Querbalken. Damit weist die Inschrift keinerlei Ähnlichkeit zu den anderen aus der Gripeswoldt-Werkstatt stammenden Inschriften auf. Da auch der Lockenfall und die Beine des Kleinen Gießlöwen sehr viel statischer gestaltet sind als bei dem Großen Gießlöwen, wäre es durchaus möglich, dass ein anderer Goldschmied dieses Stück anfertigte und sich dabei nur an dem Großen Gießlöwen orientierte. Da dieser Löwe weder mit einem Beschauzeichen noch mit einer Marke versehen ist, liegt der Schluss nahe, dass der Goldschmied kein Mitglied der Goldschmiedegilde war.

Zu Dietrich Döring vgl. Nr. 172. 1541 ließ sein Enkel Johannes III. Döring unter Verwendung von vier kleinen Silberschalen, die sein Großvater dem Rat geschenkt hatte, den Gießlöwen anfertigen.4) Johannes III. Döring ist seit 1521 als Sülfmeister und seit 1527 als Barmeister nachweisbar. Verheiratet war er in erster Ehe mit Catharina Wülsche, in zweiter Ehe mit Lucia Stoketo.5)

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. 1874,391.
  2. Wappen Döring (steigender Löwe). Vgl. Büttner, Genealogiae.
  3. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 23. Scheffler, Goldschmiede, Bd. 2, Nr. 75, S. 902.
  4. Dies geht aus einem Eintrag in einem Inventar des Ratssilbers von 1555/56 hervor, zit. bei Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 23.
  5. Büttner, Genealogiae, Stammtafel Döring II.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 198.
  2. Albers, Rathaus, S. 49.
  3. Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 193 (nach Albers).
  4. Krüger/Reinecke, Kunstdenkmale, S. 295.
  5. Schröder, Ratssilber, Werke (o. S.), Nr. 23.
  6. Appuhn, Ratssilber, Nr. 22, S. 23.
  7. Bursche, Ratssilber, Nr. 25, S. 143f. mit Abb.
  8. Netzer, Ratssilber, Nr. 25, S. 100.

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 343 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0034303.