Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 100: Stadt Lüneburg (2017)

Nr. 236(†) ehemals Rathaus / St. Nicolai 1511 (u. früher?)

Beschreibung

Glasmalerei, heute nur noch ein Fragment erhalten. Es handelt sich dabei um den Rest einer Glasmalerei in den vier großen Fenstern der Sodmeister-Körkammer im südlichen Kämmereiflügel des Rathauses, deren Bildprogramm Gebhardi ausführlich beschreibt. Nach Gebhardi waren die Scheiben auch zu seiner Zeit bereits schwer beschädigt und die Inschriften kaum noch lesbar. Es handelte sich in jedem der vier zweibahnigen Fenster um insgesamt sechs Felder in drei Zeilen, die mittleren Felder waren doppelt so hoch wie die oberen und unteren. In den unteren Feldern waren Wappenschilde angebracht, die Gebhardi in Zeichnung wiedergibt; in den hohen mittleren Feldern Sibyllen mit Beischriften, von denen Gebhardi aber nur noch die des einen Fensters wenigstens teilweise lesen konnte (A, B); in den oberen Feldern Szenen aus der Vita Christi: Anbetung durch die Heiligen Drei Könige und die Verkündigung im ersten Fenster, Christi Geburt, die Anbetung durch die Hirten im zweiten Fenster, Christi Einrit, also wohl der Einzug in Jerusalem, und die Verspottung im dritten Fenster, und Christi Dornenkrönung und Geißelung mit der Jahreszahl C im vierten Fenster.

Das erhaltene Fragment befindet sich heute in St. Nicolai auf der Südseite der Langhausempore im zehnten Fenster. In dem Fenster sind Fragmente aus den Darstellungen zum Thema Verkündigung und Geburt mit dem Spruchband der Tiburtinischen Sibylle kombiniert.

Inschriften A und C nach Gebhardi, B nach Gebhardi ergänzt.

Maße: H.: ca. 59 cm; B.: ca. 44 cm; Bu.: 4 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Sabine Wehking) [1/1]

  1. A†

    Sibilla cumana // Sibilla [ – – – ]

  2. B

    [Sibilla] Tibertina

  3. C†

    1511

       
Wappen1)
1. Fenster Bistum Verden2) Landsberg3)
2. Fenster ?4) ?5)
3. Fenster ?6) Bavenstedt7)
4. Fenster Knesebeck8) ?9)

Kommentar

Die Datierung bei Becksmann/Korn auf um oder nach 148010) übersieht den Umstand, dass sich im vierten Fenster die Jahreszahl 1511 befand. Die von Becksmann/Korn vorgeschlagene Datierung passt – soweit sich dies ausmachen lässt – allerdings besser zu den Lebensdaten der Personen, auf die sich die Wappen beziehen könnten.

Anmerkungen

  1. Nach den Zeichnungen bei Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 200.
  2. Wappen Bistum Verden (Kreuz). Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 5, Teil 1, S. 132.
  3. Wappen des Verdener Bischofs Barthold von Landsberg (geteilt, oben Fuchs, unten schräges Gitter). Vgl. Spießen, Wappenbuch, Bd. 1, S. 78; Bd. 2, Tafel 190. Barthold von Landsberg amtierte von 1470 bis 1502 als Verdener Bischof.
  4. Wappen ? (steigendes Pferd). Wappen bei Gebhardi nicht benannt.
  5. Wappen ? (gespalten, vorne Wellenbalken, hinten steigender Löwe). Bei Gebhardi nicht benannt.
  6. Wappen ? (gespalten, vorne drei Kugeln pfahlweise, hinten halber Adler). Bei Gebhardi nicht benannt.
  7. Wappen Bavenstedt (mit Gitter belegter steigender Löwe). Vermutlich Wappen des Medinger Propstes Tilemann von Bavenstedt, vgl. die Grabplatte DI 76, Nr. 56. Tilemann von Bavenstedt starb 1494.
  8. Wappen Knesebeck (Vogelkralle). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 204 u. Tafel 253. Wohl Wappen des Ebstorfer Propstes Matthias von dem Knesebeck, vgl. DI 76, Nr. 53 u. 55. Matthias von dem Knesebeck starb 1493.
  9. Wappen ? (schreitender roter Löwe in Silber). Bei Gebhardi nicht benannt.
  10. Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 130.

Nachweise

  1. Gebhardi, Collectanea, Bd. 2, p. 200.
  2. Becksmann/Korn, Glasmalereien, S. 130, Tafel 36, Abb. 132 (B).
  3. Adam, Rathauskomplex, S. 266, Abb. 251 (B).

Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 236(†) (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0023604.