Inschriftenkatalog: Lüneburg (Stadt)
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 100: Stadt Lüneburg (2017)
Nr. 78 Embsen, ev. Kirche St. Katharina 1440
Beschreibung
Glocke. Bronze. Die Glocke, die heute in dem hölzernen Glockenturm neben der Kirche hängt, stammt aus dem Michaeliskloster in Lüneburg, wo sie wohl als Uhrglocke im Glockenturm des Pförtnerhauses diente. Sie wurde 1792 zusammen mit einer romanischen Glocke an die Kirche in Embsen verkauft.1) Die erhaben gegossene Inschrift läuft an der Glockenschulter zwischen Stegen über einem Fries aus abhängenden Blättern um. Zwischen Beginn und Ende der Inschrift eine nicht mehr sehr deutlich erhaltene Reliefdarstellung, vermutlich eine Darstellung des Gnadenstuhls, die wohl Gottvater mit erhobener Rechter und dem Kruzifix zeigt.
Maße: H.: 44,5 cm (ohne Kronenöhre); 57,5 cm (mit Kronenöhren); Dm.: 52 cm; Bu.: 3,7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
anno · d(omi)ni · m° · cccc° · xl · s(ancti) · michaelia)2) · m(a)g(iste)r · i(o)h(ann)es · snitker ·
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1440 am Tag des heiligen Michael. Meister Hans Snitker.
Textkritischer Apparat
- So statt michaelis.
Anmerkungen
- Hermann Wrede, Die Glocken des Landkreises Lüneburg. In: Lüneburger Museumsblätter Heft 6, 1909, zu der Glocke S. 40–43, hier S. 42f. Die Inschrift der Glocke ist in DI 24 nicht aufgenommen.
- 29. September.
- StA Lüneburg, AB 2, p. 22. Die Lebensdaten des Hans Snitker ausführlich auch bei Meyne (Plastik, S. 192–195 mit ausführlichen Quellenzitaten und -nachweisen), der Hans Snitker nur aufgrund seines Nachnamens wie auch die anderen Mitglieder der Gießerfamilie Snitker zum Bildhauer macht, ohne dass es hierfür den geringsten Anhaltspunkt gäbe (vgl. a. Nr. 62 u. 101).
- Walter, Glockenkunde, S. 878.
- Z. B. StA Lüneburg, AB 56a, fol. 13 (Kämmereirechnung 1428): Item vi (groschen) hans Snytker vor viii punt lodes to bussen de her gronehagen unde her hinrik hoyman in denemarken segelden; AB 56/1, fol. 4r (Kämmereirechnung 1443) für Blei und eine Gießkelle.
- StA Lüneburg, AB 627/1, fol. 15v, Eintrag undatiert.
- Meyne, Plastik, S. 193. Ein Fahrtmeister war zuständig für die Erhaltung der Stollen zur Erschließung der Solevorkommen.
- StA Lüneburg, AB 628ff., z. B. 1534, AB 628, fol. 98v.
- StA Lüneburg, AB 627/1, fol. 8r.
- StA Lüneburg, AB 588 (o. p.).
- Wrede (wie Anm. 1, S. 40), hält ihn irrtümlich für den Gießer der Glocke. Im Jahr 1438 ist Hans d. J. letztmalig in den Quellen nachweisbar. Vgl. Meyne, Plastik, S. 196.
- Matthaei, Vikariestiftungen, S. 221. Wäre der Sohn Hans zum Zeitpunkt der Stiftung noch am Leben gewesen, wäre er hier sicherlich mit aufgeführt worden.
- U. a. StA Lüneburg, UA b: 1476 November 25. In der Eigenschaft als Notar ausgefertigte Urkunden u. a. StA Lüneburg, UA a: 1457 Dezember 20 u. a1: 1458 Januar 17 I.
Nachweise
- Mithoff, Kunstdenkmale Fürstentum Lüneburg, S. 72.
- Wrede, Glocken Landkreis, S. 42 u. Tafel nach S. 42.
- Wiesenfeldt, Glockengeschichte, S. 34, Anm. 37 (nach Wrede).
Zitierhinweis:
DI 100, Stadt Lüneburg, Nr. 78 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di100g019k0007806.
Kommentar
Die Buchstaben sind in Doppelkontur mit deutlich erhöhten Rändern ausgeführt, die beiden s in s(ancti) und i(o)h(ann)es sind als Bänder gestaltet, die in den Brechungen des Buchstabens umgelegt sind.
Der Lüneburger Gießer Hans Snitker ist in den städtischen Quellen vielfach nachweisbar. Im Jahr 1426 wurde er als Lüneburger Bürger aufgenommen, als Bürge fungierte dabei Hermann Snitker (vgl. Nr. 62).3) Walter bezeichnet Hans Snitker als Büchsenmeister und Gießer der Stadt Lüneburg,4) was nur bedingt richtig ist, da keine entsprechende Bestallung nachweisbar ist und der Gießer vielmehr nur für einzelne Aufträge entlohnt wurde.5) Im Barmeisterbuch findet sich der unspezifische Eintrag hermen (und) hans snitker de de nigen sulten bewaren,6) der ohne Beleg dahingehend interpretiert wird, dass Hans Snitker auch als Fahrtmeister der Saline tätig war.7) Sicher ist, dass er in den seit 1434 überlieferten Sodmeisterrechnungen jährlich für diverse Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Saline entlohnt wurde, die immer wieder im Zusammenhang mit den dortigen Leitungen und Brunnen stehen.8) Im Jahr 1449 schloss Hans Snitker einen Vertrag mit den Bürgermeistern Heyneken Töbing und Hans Sanckenstede über die Instandhaltung der Pfannen in zwei Werken auf der Saline ab, für die der Gießer jährlich 30 Mark erhalten sollte.9) Hans Snitker starb am 26. Februar 1460 und wurde wie seine kurz darauf am 8. Juli verstorbene Ehefrau beim Franziskanerkloster begraben.10) Das Ehepaar hatte drei Söhne, von denen Hans d. J. bereits in jüngeren Jahren verstarb.11) Dies lässt sich daraus erschließen, dass der offenbar vermögende Hans Snitker d. Ä. nur zusammen mit zwei Söhnen, dem Verdener Domherrn Hermann und dem Bürger Cordt, eine Vikarie am Lamberti-Altar von St. Lamberti stiftete.12) Zu dem Sohn Cordt, der den väterlichen Gießerbetrieb weiterführte vgl. Nr. 101, der Sohn Hermann schlug die geistliche Laufbahn ein und ist als Notar und Verdener Domherr nachzuweisen.13)