Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 349 Darmstadt, Evangelische Stadtkirche 1622

Beschreibung

Gedenkinschrift im Deckel einer Abendmahlskanne aus vergoldetem Silber. Ihr Fuß besitzt einen breiten Standrand, in dem das Beschauzeichen Frankenthal sowie die Meistermarke (B) und der Jahresbuchstabe (C) angebracht sind. Der niedrige Schaft trägt den ausladenden Kannenbauch, an dessen breitester Stelle der glatte Hals ansetzt. Der gewölbte Deckel ist außen mit vier Vollwappen verziert. Im Deckelinneren befindet sich die Inschrift (A), deren Worttrenner als Dreiecke gestaltet sind.1)

Maße: H. 36, Dm. 14, Bu. 0,4 cm.

Schriftart(en): Humanistische Minuskel. Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/5]

  1. A

    Anno 1622 · Die 17 Febru(arii) · aetatis suae 69 · FUNDATOR Hujus OBiit

  2. B

    CB2)

  3. C

    D

Übersetzung:

Im Jahre 1622, am 17. Februar starb im Alter von 69 Jahren der Stifter dieser (Kanne).

Wappen:
Weitzel; Ellenberger; Rückersfeld; Stolzenbach.3)

Kommentar

Sowohl Müller4) als auch Skalitzky-Wagner5) beziehen die Jahreszahl 1622 nicht nur auf den Tod des Stifters, sondern auch auf das Jahr der Stiftung der Kanne. Knodt geht dagegen davon aus, daß die Kanne bereits 1581 an die Stadtkirche gestiftet worden sei.6) Er beruft sich dafür auf Müller, der für 1581 die Stiftung einer Abendmahlskanne mit Patene für die Stadtkirche verzeichnet.7) Knodt wertet den zweiten Stiftungsvermerk bei Müller zu 1622 als Wiederholung des Eintrags von 1581, der wegen des Todes des Stifters erfolgte. Da Müller aber in beiden Fällen keinen Stifter nennt8) und zudem zu 1581 von einer Abendmahlskanne mit Patene und zu 1622 nur von einer Abendmahlskanne spricht, erweist sich die Konstruktion Knodts als unhaltbar. Allerdings ist es trotzdem möglich, daß die Kanne vor 1622 gestiftet und die Inschrift beim Tod des Stifters nachgetragen wurde. Auffälligerweise fehlt in der Inschrift der Name des Stifters. Knodt hat ihn anhand der Wappen ermittelt. Danach handelt es sich um den 1553 geborenen hessischen Kammerrat Johannes Weitzel, der aus einer Homberger Familie stammte. Seine Frau war eine geborene Ellenberger, Tochter des Homberger Bürgers Hans Ellenberger und seiner Frau Ottilie Rückersfeld. Das vierte Wappen ist das der Homberger Familie Stolzenbach, aus der Weitzels Mutter stammte.

Anmerkungen

  1. Ausführliche Beschreibung der Kanne bei Skalitzky-Wagner, Frankenthaler Goldschmiede I 317.
  2. Skalitzky-Wagner, Frankenthaler Goldschmiede II 124 und 161 erwägt eine Zuweisung an den Goldschmied Caesar de Bommert, die sich jedoch nicht belegen läßt. Eine Auflösung der Initialen unterbleibt deshalb.
  3. Vgl. Knodt 99 f.; Skalitzky-Wagner, Frankenthaler Goldschmiede II 161.
  4. Müller, Chronik 28.
  5. Skalitzky-Wagner, Frankenthaler Goldschmiede I 317.
  6. Knodt 99 f.; ihm folgt Kunst, Kommerz, Glaubenskampf 284 f.
  7. Müller, Chronik 14.
  8. Insofern ist die Behauptung von Knodt, „Laut Feststellung von Wilhelm Müller ... hat Kammerrat Weitzel im Jahr 1581 die wertvolle Kanne der Stadtkirche gestiftet“, irreführend.

Nachweise

  1. Knodt, Abendmahlskanne 99 f.
  2. Skalitzky-Wagner, Frankenthaler Goldschmiede II 161.
  3. Kunst, Kommerz, Glaubenskampf 284 Nr. S1 mit Abb.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 349 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0034909.