Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 310(†) Burg Frankenstein, Kapelle, aus Ev. Dreifaltigkeitskirche Darmstadt-Eberstadt 1606

Beschreibung

Epitaph Ludwigs von Frankenstein und seiner Frau Katharina von Rodenstein. Das zweigeschossige Ädikula-Epitaph aus rotem Sandstein steht heute innen an der Südwand der Kapelle. Es befand sich ursprünglich in der Dreifaltigkeitskirche von Darmstadt-Eberstadt und wurde 1851 auf die Burg gebracht. Dabei wurde es beschädigt und anschließend unvollständig und falsch wieder zusammengesetzt.1) Im Hauptgeschoß knien vor einer Rechtecknische die einander zugewandten vollplastischen Figuren der Verstorbenen, links der Ritter in Rüstung ohne Helm mit gefalteten Händen, rechts auf einem Kissen seine nach spanischer Mode gekleidete Frau, die in ihren Händen ein aufgeschlagenes Gebetbuch hält. Auf den flankierenden Pilastern sind jeweils zwei Vollwappen angebracht. Links ist über dem zweiten Wappen noch die Beischrift in gotischer Minuskel erhalten, während sie bei den anderen Wappen überputzt worden ist. Die Pilaster wurden beim Zusammenbau vertauscht, wodurch die Wappen der Mannesseite auf der Frauenseite stehen und umgekehrt. Auf ein Gebälk wurde verzichtet, so daß die Pilaster einen Volutengiebel tragen, in dem zwei ruhende Putten mit den Todessymbolen Schädel und Totengerippe mit Pfeil und Bogen angebracht sind. Zwischen den Putten befindet sich eine Sonnenuhr mit römischen Ziffern. Das obere Bildfeld zeigt zwei reliefierte Vollwappen, und im Rundgiebel sieht man einen geflügelten Puttenkopf. Der Sockel weist zwei nebeneinander angeordnete Inschriftentafeln (A, B) auf, die jeweils den darüber knienden Figuren zugeordnet sind. Der Text von Inschrift (A) wird unterhalb des eigentlichen Schriftfeldes fortgesetzt. Hier ist jedoch ein Teil des ursprünglichen Sockels offenbar abgeschlagen worden, wodurch Textverlust eingetreten ist. Inschrift (A) zeigt auch im Hauptfeld erhebliche Abwitterungsspuren mit Textverlust. Inschrift (B) wurde 1908 erneuert.2)

(B) nach Kopie von 1908.

Maße: H. 310, B. 165, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis. Gotische Minuskel.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/4]

  1. A

    AN(N)O 1606 DEN I MO[NATS]DAG [I]eN(NERS)a) / HAT IN GOTTES [NA]MEN DER EDEL / VND ERNVEST LVDWIG ZV [FRAN]/CKENSTEIN GEBORN VON VHRAD/LICHEN STAMMEN VON DIESEM / IAMERTALL GENOME(N) EIN SELIGES END / O HERR IESV CHRISTE NIM SEINE // SEELE [. . .]S HE[. . .]E [. . .]

  2. B†

    AN(N)O 16〈..〉 DEN 〈. . .〉 / HAT IN GOTTES NAMEN DIE EDEL / FRAUWE GATHARINAb) ZU FRANKENSTEIN / GEBORNE VON RODENSTEIN VON DIESEM / IAMMERTHAL GENOMEN EIN SELIGES END / REQUIESGATb) IN PACE

  3. Wappen mit Beischriften: 
    Beyern.4) 
Wappen:
Frankenstein; Rodenstein; Flersheim, Cleen; Boineburg, Bayer von Boppard.3)

Kommentar

Die Kapitalis der Inschrift (A) zeigt unregelmäßige Linksschrägen- und Bogenverstärkungen sowie Rechtsschrägenverstärkungen bei einigen A und M. Der untere Balken des E ist deutlich länger als der obere Balken. Der Mittelteil des mit schrägstehenden Außenhasten gebildeten M reicht nicht bis zur Mittellinie. Im Gegensatz dazu weisen in Inschrift (B) A, M und N deutliche Linksschrägenverstärkung auf. Das V ist mit Rechtsschrägenverstärkung ausgeführt. Alle Bögen sind verstärkt. Der untere Balken des E ist kaum länger als der obere Balken. Das I in IAMMERTHAL ist in Form eines J geschrieben. Die Außenhasten des mit extrem kurzem Mittelteil gebildeten M stehen gerade. Während in Inschrift (A) stets V für U-Laute verwendet wird, steht in Inschrift (B) ein rundes, symmetrisches U. Die Verwendung desselben Formulars wie in (A) und das Fehlen der Todesdaten Katharinas sprechen dafür, daß man den Text für (B) von der ursprünglichen Inschrift kopiert hat. Dabei scheint es bei GATHARINA und REQUIESGAT zu Verwechselungen von C und G gekommen zu sein. Eine buchstabengetreue Nacharbeitung der alten Inschrift wird aber durch die paläographischen Merkmale von Inschrift (B) ausgeschlossen.

Ludwig war ein Sohn des Georg Oswald von Frankenstein und der Christine von Flersheim. Seine Frau Katharina war eine Tochter Georgs III. von Rodenstein und der Katharina von Boineburg.5)

Textkritischer Apparat

  1. Sicher gelesen sind das Minuskel-e und das N mit Kürzungsstrich.
  2. Sic!

Anmerkungen

  1. Esselborn, Der Frankenstein 362 f. und 364; Haupt, Kdm. 308; Weißgerber, Die Herren von Frankenstein 201 f.
  2. Esselborn, Der Frankenstein 363 schreibt: „Von späteren Veränderungen in der Kapelle verdient nur die im Jahr 1908 erfolgte Erneuerung der verwitterten untern Teile (Erwähnung), also der Inschrift, an dem Denkmal Hansens ...“. Gemeint sein kann aber nur das Epitaph Ludwigs, da bei dem Denkmal für Hans die Inschriften über den Figuren angebracht sind und die Tafeln keine Erneuerungsspuren zeigen. Bei der ausführlichen Beschreibung des Denkmals für Ludwig klärt sich der Irrtum hinsichtlich der Inschriften, denn Esselborn 364 notiert: „Die linke ist stark verwittert, die rechte mit Lücken erneuert“.
  3. Die seitenverkehrte Anbringung wurde bei der Wiedergabe berichtigt.
  4. Ursprünglich besaßen auch die Wappen Flersheim, Cleen und Boineburg Beischriften, die jedoch verloren sind.
  5. Möller, Stammtafeln AF I, Taf. XXVII.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 310(†) (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0031007.