Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 271 Reinheim, Evangelische Kirche 1594

Beschreibung

Grabplatte des Pfarrers Christoph Hœver. Die Platte aus rotem Sandstein ist heute innen in der Ostwand des Langhauses eingemauert. Die Grabinschrift (A) läuft auf dem Rand um. Oben im Feld befindet sich ein Wappen, unter dem ein Grabgedicht (B) angebracht ist. Rechts unterhalb des Wappens ist ein N eingeritzt worden. In Inschrift (A) wurden Quadrangeln und Dreiecke als Worttrenner verwendet, in Inschrift (B) nur Quadrangeln.

Maße: H. 174, B. 86, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/4]

  1. A

    ANNO DO(M)I(N)I · 1 · 5 · 9 · 4 · DEN · / XI · MARCI · IST · IN · GOT · VERSCHIDEN · DER · WV̈RDIGE · HER · CHRIS/TOFF · HOEVER · PFARHER · / ZV · REINHEIM · WELCHEM · GOT · GNEDIG · SEIN · WÖLL ·

  2. B

    VOS QVI TRANSIT=/IS · MEMORES ROGO SITISa)QVOD SVMVS HOC / ERITIS FVIMVS · / QVANDOQ(VE) QVOD / ESTIS

Übersetzung:

(B) Ihr, die ihr hier vorbeigeht, ich bitte euch, denkt daran: was wir sind, das werdet ihr sein, und wir sind einst das gewesen, was ihr jetzt seid.

Versmaß: Zwei leoninische Hexameter.

Wappen:
Hoever.1)

Kommentar

Der erste Hexameter der Inschrift (B) hat einen Fuß zuwenig. Es fehlt das sonst in diesem Vers verwendete NOSTRI nach MEMORES.2) Die Inschriften sind in einer unregelmäßigen Kapitalis geschrieben. Das spitze A trägt einen gebrochenen Mittelbalken, und der Mittelteil des M ist sehr kurz. CH ist stets als Buchstabenverschränkung ausgeführt.

Der Inhalt des zweiten Hexameters der Inschrift (B) findet sich in leicht abgewandeltem Wortlaut bereits in römischen Grabinschriften und wurde auch im Epitaph Alkuins († 804), des Beraters Karls des Großen, verwendet.3) Später bildete der Spruch „Quod fuimus, estis; quod sumus, vos eritis“ den Kern der Legende von den drei Lebenden und den drei Toten. Diese Legende erzählt von drei vornehmen jungen Männern, die ausreiten und drei Skeletten begegnen, von denen sie an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert werden. Besondere Verbreitung fand diese Erzählung im 14. und 15. Jahrhundert.4) Ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts läßt sich der Spruch in verschiedenen Varianten auf Grabdenkmälern nachweisen.5)

Christoph Hoever stammte aus dem Vogtland und war mit einer aus Marburg stammenden Frau namens Magdalena verheiratet. Er war von 1565 bis zu seinem Tod 1594 Pfarrer in Reinheim.6)

Textkritischer Apparat

  1. ROGOSTI Herchenröder; das letzte S ist aus Platzgründen unter das I gesetzt worden.

Anmerkungen

  1. Geteilt, oben die Initialen CH ST H, unten ein Baum.
  2. Vgl. das gleichlautende, aber vollständige Hexameterpaar in DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 385.
  3. Wallach, Alcuin 256 f.
  4. E. Heyse, Drei Lebende und drei Tote, in: LMA 3 (1986) 1390 f.
  5. DI 1 (Main- und Taubergrund) Nrr. 272, 316; DI 25 (Lkr. Ludwigsburg) Nr. 654; DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 385; DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 477.
  6. Hassia sacra I 68; Hotz, Dreifaltigkeitskirche zu Reinheim 31; Hotz, Beiträge 18.

Nachweise

  1. Herchenröder, Kdm. 254.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 271 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0027107.