Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 261 Seeheim, Evangelische Kirche 1589

Beschreibung

Epitaph für Wilhelm und Simon Peter Kremer. Das Ädikula-Epitaph aus rotem Sandstein steht heute außen an der Ostwand. Der Giebel trägt eine Kartusche mit dem Brustbild eines Mannes mit Hut und Mantel. In der Frieszone sitzen die Brustbilder zweier weiterer Männer, die ebenfalls Hut und Mantel tragen. Die Darstellungen werden von zwei identischen Wappenschilden flankiert. Im Hauptfeld befindet sich eine Inschriftentafel mit den Inschriften (A) bis (D), in denen Quadrangeln als Worttrenner dienen. Die Tafel wird von Pilastern gerahmt, deren Spiegel mit Arabesken geschmückt sind. Der Sockel trägt in der Mitte eine Rollwerktafel mit der Inschrift (E). Links und rechts davon ist je ein Medaillon mit dem Brustbild eines Mannes angebracht.

Maße: H. 249, B. 109, Bu. 2,5–3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/3]

  1. A

    ANNO · DOMI(NI) · 1 · 5 · 82 · DEN · 26 / TAG · MEY · IST IN CHRISTO VER/SCHIDEN · DER ERBAR VND ACHBAR / VND · FÖRNEM · WILHELMa) · KREMMAR / MITBORGAR · ALHIE ZV SEHEIM DER / SEELE GOT · GENEDIG SEI AMEN / · SEYNES ALTERS GELEbT · 76 · IAR

  2. B

    ANNO · DOMI(NI) · 1 · 5 · 89 · VFF SVNTAG / DEN 91 NOVEBRISb) ZWISHEN · 6 · VND · 7 · / AVER · IST · IN CHRISTO VERSCHE(DEN) · DER / ERBAR AVCH ACHPAR VÖRNEHM SIMON / PETER KREMER DES GERICHTS VER=/WANDER VND ZENTSCHOPFF ALHIE / ZV SEHEIM SEINES ALTERS · 51 · IAR / 9 · MONET · V(N)D · VI TAG DER · SEELE GOT / · GENEDIG V(N)D BARMHERTZIG · / · SEY · AMEN ·

  3. C

    WEN ICH NVR DICH HAB SO FRAGE / ICH NITHS NACH HIMEL · V(N)D · ERDEN / WEN MIR GLEICH LEIB · V(N)D · SEEL · VER/SCHMAHT SO BIST TV DOCH GOTT ALLE ZEIT / · MEINES HERCZE(N) THROST VND · / · MEYN · HEILTc) · AMEN · / · DER · 73 · PSAL(M) ·1)

  4. D

    IOHAN · 3 · WER IN Ch(RISTV)S GLAVBT D(E)R WIRT / · NICHT VERLOR(N) · SVNDER HAT · D(AS) · E(WIGE) L(EBEN) ·2)

  5. E

    DIR CHRISTE LEB ICHDIR ChRIS(TE) STIRB ICHDEIN BIN ICh TOD V(N)D LEB(ENDIG)3)

Versmaß: Deutsche Reimverse (E).

Wappen:
Kremer; Kremer.4)

Kommentar

Die verwendete Kapitalis bietet einige Besonderheiten. Das A ist mit einer geschwungenen linken Haste gebildet. Das b in GELEbT ist ebenso der Minuskel entnommen wie das h bei ChRISTVS bzw. ChRISTE in den Inschriften (D) und (E) sowie bei ICh in der letzten Zeile von Inschrift (E). Die Haste des h ist als Anspielung auf die Form des Kreuzes oben mit einem Balken durchstrichen. Die Cauda des R ist häufig unter die Grundlinie verlängert.

Dieselben Buchstabenformen lassen sich bei dem Epitaph des 1588 verstorbenen Peter Weber und bei dem zwischen 1585 und 1601 entstandenen Epitaph für Methusalem Arnold und seine Familie beobachten, die sich beide an der Evangelischen Kirche in Zwingenberg befinden.5) Die Inschrift für Methusalem Arnold weist auch dieselbe OR-Ligatur auf. Da die drei Epitaphien zudem in ähnlicher Art gestaltete Brustbilder tragen und die Inschriftentafeln auf den Denkmälern für Peter Weber und für Wilhelm und Simon Peter Kremer von Pilastern mit ganz ähnlichen Grotesken flankiert werden, kann man davon ausgehen, daß alle drei Epitaphien von derselben Werkstatt gefertigt wurden.

Wilhelm war der Vater von Simon Peter. Dieser war laut der Inschrift Schöffe des Seeheimer Gerichts und zudem Schöffe am Zehntgericht. Das Epitaph muß nach Simon Peters Tod errichtet worden sein, da die Kapitalis durchgängig denselben Schriftcharakter aufweist und Hinweise auf Nachträge bei den Sterbedaten fehlen.

Textkritischer Apparat

  1. L klein und waagerecht über das M gestellt.
  2. So verschrieben für Sonntag, den 9. November alten Stils. Eine Verschreibung aus 19 kommt nicht in Betracht, da der 19. November 1589 nicht auf einem Sonntag lag.
  3. Sic! In der Bibel steht „Teil“.

Anmerkungen

  1. Ps 73,25 f. (Hebr).
  2. Joh 3,16.
  3. Paraphrase von Röm 14,7.
  4. Auf einem Dreiberg rechts eine Weinranke, links daneben ein Winzermesser.
  5. Vgl. DI 38 (Lkr. Bergstraße) Nr. 179 und Nr. 200.

Nachweise

  1. Dammann, Kdm. 257 f.
  2. Kunz, Geschichte 40 mit Abb.
  3. Kunz, Kirchen 140 und 138 (Abb.).

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 261 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0026109.