Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 224 Nieder-Ramstadt, Evangelische Kirche 1572

Beschreibung

Namens-, Meister- und Herstellungsinschrift sowie eine Devise auf einer Glocke. Die Bronzeglocke ist die größte und älteste Glocke des heutigen Vierergeläuts.1) Inschrift (A) läuft zwischen doppelten Rundstegen auf der Schulter um. Die von zwei Federn flankierte Jahreszahl und ein einzelner Name (B) stehen außerhalb der Stege auf der Flanke. Über der Jahreszahl und vor HAT sind zwei Münzen mit umlaufenden Inschriften (C, D) als Worttrenner angebracht. Die erste zeigt das Bildnis Karls V., die zweite ein Kreuz. Auf der Flanke befindet sich ein Relief mit Maria und dem Kind, in deren Nimbus die Namensinschrift (E) zu erkennen ist. Auf einem weiteren Relief unter der Jahreszahl ist Papst Cornelius (als Symbol für Cornelimünster) dargestellt, neben dem links Bischof Servatius (Maastricht) und rechts Quirinus (Neuss) stehen.2) Außerdem sind noch zwei identische Kreuzigungsgruppen vorhanden.

Maße: H. 89, Dm. 101, Bu. 3 (A, B), 0,4 (C), 0,3 (D, E) cm.

Schriftart(en): Kapitalis. Gotische Minuskel (E).

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/7]

  1. A

    GEORG WAGNER SCHVLT(HEIS) CHRISTOPHER(VS)a) · KREPS · PFARHER · ENDERS · BENDER · HANS · SPIS · HAT · MICH · GEGOSSEN · GREGOR · VON · TRIER · // 1572

  2. B

    HANS WIESb)

  3. C

    [CA]ROLVS [V RO]MA(NORVM) IMPER[ATOR] AVGVS[TVS]c)

  4. D

    IN · HOC · SIGNO · VINCES ·3)

  5. E

    ego svm maria virg(o)

Übersetzung:

(D) Unter diesem Zeichen wirst du siegen. – (E) Ich bin die Jungfrau Maria.

Kommentar

Gregor von Trier wurde vermutlich um 1515 in Aachen als Sohn Jans (II.) von Trier geboren. Ab 1538 ist er als Glockengießer nachweisbar. Im Jahr 1541 wurde er Mitglied der Lütticher Schmiedezunft und siedelte später ganz nach Lüttich um. Seine Glocken lassen sich bis 1575 nachweisen. Er starb vermutlich zwischen 1576 und 1580.4) Glocken Gregors finden sich nicht nur im Aachen-Lütticher Raum, sondern z. B. auch in Hahnenbach bei Kirn5) und in Lorch.6) Der Guß der Glocke für Nieder-Ramstadt bildet jedoch eine Ausnahme in Gregors Werk, da der Ort außerhalb seines üblichen Tätigkeitsgebietes liegt und im südhessischen Raum keine weiteren Glocken von ihm nachweisbar sind.7)

Christopher Krebs (Cancer) aus Groß-Gerau war von 1560 bis 1586 Pfarrer in Nieder-Ramstadt.8) Georg Wagner ist für 1571 als Schultheiß belegt.9) Bei Enders Bender, Hans Spies und Hans Wies dürfte es sich um Vertreter der Gemeinde handeln.

Textkritischer Apparat

  1. Christophel Schaefer.
  2. Die Inschrift ist linksläufig. Das E ist linksgewendet.
  3. Carolus V Imperator August Schaefer; die Lesung Schaefers ist unvollständig. MA mit Kürzungszeichen ist eindeutig zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Zur Geschichte des Geläuts vgl. Nr. 123.
  2. Freundlicher Hinweis von Herrn Jörg Poettgen, Overath.
  3. Die Inschrift bezieht sich auf die bei Eusebius, Vita Constantini I,22 überlieferte Kreuzesvision Kaiser Konstantins des Großen.
  4. Poettgen, Studien 20, 25 und 30.
  5. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 294.
  6. DI 43 (Rheingau-Taunus-Kreis) Nr. 464.
  7. Poettgen, Studien 30.
  8. Hassia sacra I 46.
  9. Müller, Ortsnamenbuch 512.

Nachweise

  1. Schaefer, Glockeninschriften 480 (A-C).

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 224 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0022404.