Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 204 Mosbach, Katholische Kirche 1561

Beschreibung

Grabplatte des Johanniters Johannes Hertel. Die Platte aus rotem Sandstein ist heute innen in die Südwand des alten Chores eingemauert. Die Inschrift läuft auf dem Rand zwischen Linien um und geht oben in die zweite Zeile über. Als Worttrenner dienen Quadrangeln, die manchmal noch Ansätze von paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen aufweisen. Die untere Leiste zeigt starke Abtretungsspuren. Im eingetieften Feld ist unten ein reliefiertes Vollwappen angebracht.

Maße: H. 180, B. 71, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. · IM · IAR · 1561 · DE(N) 21a) · / NOVE(M)B(RIS)b) · STARB · DER · WIRD(IGE) · H(ERR) IOHA(NNES) · HERTEL · BR(V)D(ER) IOA(NN)S OR[D](EN)/S CA(PELLAN)c) · DESd) · S(ELIGEN)e) · H(ERRN) · CON/RADf) · VON · SCHWALBACHg) · RECEP(TORS)h) · IN · OBERN · DEVTSCHi) · LANDj) // · D(EM) · G(OTT) · G(NAD) ·

Wappen:
Hertel.1)

Kommentar

Die verwendeten Kapitalisbuchstaben sind relativ schlank. B, D und G sind mit Bogenverstärkungen gebildet, während Linksschrägenverstärkungen völlig fehlen. Das A kommt mit und ohne Deckbalken vor, und die Balken des E sind stets gleich lang. Das O ist spitzoval. Charakteristisch für die Inschrift ist zudem die häufige Verwendung von Kürzungen, Ligaturen und Buchstabeneinstellungen.

Johannes Hertel ist zum erstenmal 1538 nachweisbar, als er sich in der Kommende Niederweisel aufhielt und dort den Komtur Christoph von Lewenstein bat, ihn in den Johanniterorden aufzunehmen und ihn zu präsentieren. Da die über Hertel eingeholten Reverenzen positiv waren, wurde er in den Orden aufgenommen und nach Mosbach beordert. Dort war er ab 1552 bis zu seinem Tod 1561 als Pfarrer und Schaffner tätig.2)

Laut der Inschrift war Hertel zudem Kaplan des Konrad von Schwalbach, der in der Inschrift als Rezeptor in Oberdeutschland bezeichnet wird. Möglicherweise handelt es sich hier um den Sohn des Gernand von Schwalbach und der Anna Brendel von Homburg, der Komtur von Frankfurt und Rüdigheim war. Nach Humbracht starb dieser Konrad schon 1548,3) doch ist im Jahr 1551 wiederum ein Konrad von Schwalbach als Komtur von Frankfurt und Rüdigheim nachweisbar4) und in den Jahren 1567 bis 1568 gab es einen Großbailli desselben Namens.5) Ob es sich hier um ein und denselben Konrad handelt, läßt sich aufgrund der kaum aufgearbeiteten Genealogie der Familie von Schwalbach nicht entscheiden. Das S(ELIGEN), dessen Auflösung allerdings nicht ganz sicher ist, spricht dafür, daß der von 1567 bis 1568 nachweisbare Konrad von Schwalbach nicht mit dem in der Inschrift als Rezeptor genannten Konrad identisch ist und es sich somit um mindestens zwei Personen desselben Namens handelt. Sicher belegt ist durch die Inschrift jedenfalls, daß vor 1561 ein Konrad von Schwalbach als Rezeptor in Oberdeutschland tätig war, wo er in diesem Amt die Verantwortung für die Einziehung der Ordenssteuer trug.6)

Textkritischer Apparat

  1. Die 2 ist spiegelverkehrt.
  2. 1501 DES NOVEB Herchenröder.
  3. Das A ist nur noch bruchstückhaft sichtbar.
  4. E in D eingestellt.
  5. Die Auflösung ist nicht völlig gesichert, doch ist die Kürzung S für SELIGEN zumindest in der ersten Hälfte des 17. Jh. in Inschriften nachweisbar, vgl. DI 1 (Main- und Taubergrund) Nr. 323 und Nr. 511. Möglich wäre vielleicht auch eine Auflösung zu S(TRENG), da in einer Inschrift aus Mainz von 1547 der Komtur Joachim Spar als „der ... Gestrenge Herr“ bezeichnet wird, vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 1205. Allerdings fehlt für diese Auflösungsvariante ein Parallelbeleg.
  6. O in C eingestellt.
  7. Herr in und von Schwalbach Würdtwein; zweites H in C eingestellt.
  8. E in C eingestellt.
  9. E in D und H in C eingestellt.
  10. D klein und hochgestellt.

Anmerkungen

  1. Johanniterkreuz, darunter drei Spitzen nebeneinander.
  2. Die Angaben verdanke ich der freundlichen Auskunft von Herrn Hans Dörr, Dieburg; vgl. auch Dörr 44; zu Christoph von Lewenstein, der u. a. auch Komtur von Frankfurt war, vgl. Hartmann, Komture 111.
  3. Humbracht, Stammtafeln 269.
  4. Rödel, Großpriorat 452.
  5. Hartmann, Komture 109.
  6. Zur Wirtschaftsweise der Johanniter-Kommenden vgl. Rödel, Erwerbspolitik 105 ff.

Nachweise

  1. Würdtwein, Epitaphienbuch 360 f.
  2. Herchenröder, Kdm. 212.
  3. Dörr, Mosbach 45, Abb. 32.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 204 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0020408.