Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 167(†) Seeheim, Evangelische Kirche 3. D. 15. – 1. D. 16. Jh.

Beschreibung

Name als Stifterinschrift auf einer Glasscheibe. Die Scheibe befindet sich heute in einem Fenster im südlichen Treppenaufgang. Sie zeigt links einen Bischof mit Nimbus, Mitra und Stab, der in der rechten Hand ein Kirchenmodell hält. Möglicherweise handelt es sich um den heiligen Wolfgang von Regensburg, der häufig mit diesen Attributen dargestellt wird.1) Rechts neben ihm steht ein von Pfeilen durchbohrter heiliger Sebastian. Die ursprünglich unter dem Bild angebrachte Inschrift wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Als Worttrenner dienten Quadrangeln mit paragraphzeichenförmig ausgezogenen Zierstrichen.

Nach Ab. bei Dammann.

Maße: H. 51, B. 42 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. · hans · berckstresser ·

Kommentar

Die im Vierlinienschema geschriebene gotische Minuskel ist voll entwickelt. Alle Oberlängen laufen in einem Zierstrich aus. Das Ende des senkrechten Teils des gebrochenen Bogens des h ist nach links schwingend unter die Grundlinie gezogen. Die Buchstabenformen sind von der zweiten Hälfte des 15. bis in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts möglich. Die von Dammann vorgeschlagene Datierung der Glasmalerei ins 16. oder ganz frühe 17. Jahrhundert ist mit dem paläographischen Befund nicht vereinbar.2)

Der in der Inschrift genannte Name hans berckstresser war auch in der heute verlorenen Fußschwelle des 1503 errichteten Westportals angebracht.3) Im Landgerichtsprotokoll der Obergrafschaft wird für das Jahr 1479 ein „Hans Berstrassen“ aus Seeheim genannt.4) Kunz konnte zudem einen Hans Bergsträßer aus Seeheim nachweisen, der 1458 Student in Erfurt war und 1498 als Hans Bergsträßer der Alte bezeichnet wird. Zu 1503 heißt es: „Hans Berstreßer, das ist Hofgut“.5) Fraglich ist, ob es sich hier immer um dieselbe Person handelt oder ob es mehrere Personen desselben Namens gab, etwa Vater und Sohn. Die Namensinschrift im Fenster und auf der Schwelle bezeichnet mit ziemlicher Sicherheit denselben Hans Berckstresser und mit ihm dürfte zumindest eine der genannten Personen identisch sein. Dazu paßt auch die zeitliche Einordnung der Inschrift. Wenn der besagte Hans nicht ein bislang unbekannter Amtsträger in Seeheim war,6) handelt es sich vermutlich um einen Bürger, der den 1503 abgeschlossenen Umbau der Kirche mit erheblichen Geldmitteln unterstützte und sich deshalb in der Kirche verewigen durfte.

Anmerkungen

  1. Vgl. B. Böhm, Wolfgang von Regensburg, in: LCI 8 (1976) 626 – 629.
  2. Dammann 256.
  3. Kunz, Geschichte 42; vgl. Nr. 113.
  4. Reg. Katz. Nr. 6295/91.
  5. Kunz, Geschichte 42 f.
  6. Zu den Amtsträgern in Seeheim vgl. Kunz, Amt Tannenberg 45 f.

Nachweise

  1. Dammann, Kdm. 256 mit Abb. 256.
  2. Kunz, Geschichte 42 mit Abb.
  3. Kunz, Kirchen 137 f. mit Abb.
  4. Vogel, Glasbilder 12.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 167(†) (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0016706.