Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 148 Mosbach, Katholische Kirche 1521

Beschreibung

Grabplatte des Johanniterkomturs Helfrich von Rüdigheim. Die Platte aus rotem Sandstein ist heute innen in der Nordwand des alten Chores eingemauert. Die Grabinschrift (A) läuft auf dem Rand zwischen Linien um, während sich die Stifterinschrift (B) unten im eingetieften Feld auf einem Spruchband befindet. Darüber ist ein Vollwappen angebracht. Als Worttrenner wurden Quadrangeln verwendet.

Maße: H. 184, B. 90, Bu. 7,4 (A), 3,5 (B) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz (Thomas G. Tempel) [1/2]

  1. A

    Anno · M · ccc · xc · ix · vo · / kalendas · febrvary · obyt · religiosvs · frat[(er) · H]el/fe[ric]vsa) · de · Rvdekemb) / Come(n)dator · hvi(vs) · dom(vs) · cvi(vs) · a(n)i(m)a · r(equiescat) · in · p(ace) · a(men) ·

  2. B

    istv(m) · lapid(em) · renova/vit · religi(osus) / · fr(ater) · ioh(annes) · eckst/ey(n) · i(n) · An(n)o · / 15 · 21

Übersetzung:

(A) Im Jahr 1399, am fünften Tag vor den Kalenden des Februar (28. Januar) starb der fromme Bruder Helfrich von Rüdigheim, Komtur dieses Hauses, dessen Seele in Frieden ruhen möge, Amen.

(B) Diesen Stein hat der fromme Bruder Johannes Eckstein im Jahr 1521 erneuert.

Wappen:
Rüdigheim.

Kommentar

Die voll entwickelte gotische Minuskel und die Verwendung ihrer Versalien sowie des A der frühhumanistischen Kapitalis zeigen, daß Johann Eckstein 1521 die Platte für Helfrich von Rüdigheim nicht wiederherstellen, sondern völlig neu fertigen ließ.

Helfrich war vermutlich ein Sohn des Johann von Rüdigheim gen. von Rückingen und der Kunzele Dugel von Carben. Für 1359 ist er als Komtur zum Heiligen Grabe in Mainz und 1370 als Komtur der Johanniterkommende in Mosbach belegt. Im Jahr 1371 wurde er Komtur in Frankfurt. Dort läßt er sich ab 1377 zum zweitenmal in diesem Amt nachweisen, das er mindestens bis 1395 behielt. Gleichzeitig war er in zwei Perioden Komtur in Mosbach, und zwar von 1381 bis 1387 und von 1393 bis zu seinem Tod 1399. Für 1387 ist er auch als Komtur der Kommende zu Meisenheim am Glan (Lkr. Bad Kreuznach) erwähnt. In den Urkunden wird Helfrich zudem noch von 1382 bis 1397 als Bailli in der Wetterau genannt.1)

Der Johanniter Johannes Eckstein war gleichzeitig Schaffner der Mosbacher Kommende und Pfarrer des Ortes. Er wird zum erstenmal 1512 und zum letztenmal 1529 erwähnt. Sein Todesdatum ist unbekannt.2) Aus Inschrift (B) kann man erschließen, daß die neugefertigte Grabplatte als Ersatz für die ursprüngliche Platte Helfrichs von Rüdigheim diente, die offenbar beschädigt worden war. Ziel der Neuanfertigung war es vermutlich, die Memoria des wohl bedeutendsten Komturs der Mosbacher Kommende und damit die Erinnerung an die ehemalige Bedeutung des Ortes zu sichern, denn Mosbach hatte an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert seine Eigenständigkeit verloren und war zu einem membrum von Frankfurt geworden.3) Die Neuanfertigung der Platte spiegelt auch die Bemühungen des Johannes Eckstein um eine Verbesserung der Ausstattung der Mosbacher Kirche wider. Er ließ drei neue Altäre errichten,4) stiftete ein neues Sakramentshaus5) und ließ die Fenster des Chores verändern.6)

Textkritischer Apparat

  1. Franciscus Würdtwein; Helfericvs Steiner; hefrinvs Dörr; die oberen Enden der Buchstaben sind durch Überputzung beschädigt, doch ist der Buchstabe hinter dem f deutlich als e zu erkennen. Danach folgt ein Buchstabe, der die große Lücke nach rechts zum nächsten Buchstaben ausgefüllt haben muß, also vermutlich ein r. Beim c ist noch der Ansatz des Bogens zu sehen.
  2. de Kudenhein Würdtwein; der obere Bogenabschnitt des e ist jeweils überputzt worden.

Anmerkungen

  1. Hartmann, Komture 106; vgl. zu Helfrichs Tätigkeit in Mosbach auch Wagner, Stifte I 298 – 300.
  2. Dörr 36 und 40; die noch vorhandene Grabplatte Ecksteins trägt keine Inschrift.
  3. Vgl. Rödel, Großpriorat 267.
  4. Dörr 37 f.
  5. Vgl. Nr. 146.
  6. Vgl. Nr. 134.

Nachweise

  1. Würdtwein, Epitaphienbuch 361.
  2. Steiner, Bachgau I 268.
  3. Herchenröder, Kdm. 212.
  4. Dörr, Mosbach 35, Abb. 23.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 148 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0014809.