Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)

Nr. 147† Gernsheim, Katholische Pfarrkirche 1521

Beschreibung

Namensinschriften und Jahreszahl im Chorgewölbe. Die dazugehörigen Wappen und ihre genaue Anbringung teilt Helwich nicht mit.1) Möglicherweise waren die Wappen und ihre Beischriften auf Schlußsteinen angebracht.2)

Nach Helwich.

  1. A

    Albertus cardinalis Maguntinensis Magdeburgensis ecclesiarum archiepiscopus princeps anno domini m d xxi

  2. B

    Georgius Spirensis episcopus et Maguntinensis ecclesiarum praepositus Bavariae dux

  3. C

    Laurentius Truchses de Bommersfelden ecclesiae Maguntinensis decanus

  4. D

    Thomas comes de Reineck ecclesiae Maguntinensis custos

  5. E

    Theodoricus Zobel ecclesiae Maguntinensis scholasticus

  6. F

    Christophorus de Gablentz ecclesiae Maguntinensis cantor

Übersetzung:

(A) Kardinal Albrecht, Erzbischof und Fürst der Mainzer und der Magdeburger Kirche, im Jahre des Herrn 1521. – (B) Georg, Bischof der Speyerer und Propst der Mainzer Kirche, Herzog von Bayern. – (C) Lorenz Truchseß von Pommersfelden, Dekan der Mainzer Kirche. – (D) Thomas Graf von Rieneck, Kustos der Mainzer Kirche. – (E) Theoderich (Dietrich) Zobel, Scholaster der Mainzer Kirche. – (F) Christoph von Gablenz, Kantor der Mainzer Kirche.

Kommentar

Nach Helwich wurde der Chor um 1520 errichtet, doch wird im Protokoll des Domkapitels vom 23. Juni 1520 nur der Beschluß vermerkt, das Chordach in Gernsheim abzubrechen und zu erneuern.3) Dieser Eintrag spricht somit nicht für einen völligen Chorneubau, sondern eher für größere Reparaturen, bei denen vor allem Dach und Gewölbe erneuert wurden. Nach Inschrift (A) muß das neue Dach 1521 fertig gewesen sein. Bei den im Gewölbe verewigten Personen handelt es sich um den Mainzer Erzbischof und die Dignitäre des Domkapitels, das seit 1326 Patronatsherr der Kirche war.4) Die Namen stehen also stellvertretend für den Patronatsherrn, der vermutlich auch die Baulast zu tragen hatte.

Albrecht (Albert) von Brandenburg war ein Sohn des Kurfürsten Johann Cicero von Brandenburg und der Margarethe von Sachsen. Er wurde 1513 als Dreiundzwanzigjähriger Administrator von Halberstadt und Erzbischof von Magdeburg sowie 1514 Erzbischof von Mainz und behielt diese Ämter bis zu seinem Tod am 24. September 1545.5) Georg Pfalzgraf bei Rhein wurde 1486 als Sohn des Kurfürsten Philipp und der Herzogin Margarete von Bayern-Landshut geboren. Er wurde schon 1496 Domherr in Trier und bald darauf auch in Mainz, wo er 1499 zum Dompropst ernannt wurde. Im Jahr 1513 wurde er Bischof von Speyer, doch behielt er auch als Bischof alle seine Pfründen bis zu seinem Tod 1529. Dies erklärt seine Verewigung als Bischof von Speyer und Mainzer Dompropst in der Gernsheimer Kirche.6) Lorenz Truchseß von Pommersfelden wurde 1473 als Sohn des Albrecht und der Katharina von Aurach geboren. Er wurde 1486 Domizellar in Würzburg und 1487 in Mainz. Ab dem Sommersemester 1486 studierte er als Wormser Domherr in Heidelberg. In Mainz wurde er 1508 Scholaster und 1513 Dekan. Er resignierte 1528 und starb am 20. Dezember 1543.7) Der 1472 geborene Graf Thomas von Rieneck war ein Sohn Philipps des Jüngeren und seiner zweiten Frau Anna von Wertheim.8) Er wurde 1491 Domkapitular in Köln und erhielt in demselben Jahr die Weihe zum Diakon. 1505 wurde er Scholaster und 1508 Subdekan. Daneben war er bereits seit 1480 Domherr in Mainz, wo er 1507 zum Kustos aufstieg. Er resignierte von diesem Amt 1538 und starb 1547 in Köln.9) Theoderich Zobel von Giebelstadt war ein Sohn Stephan Zobels und der Elisabetha von Aholfingen. Er starb am 6. Oktober 1531.10) Christoph von Gablenz stammte aus einem sächsischen Ministerialengeschlecht. Seine Eltern waren Albrecht von Gablenz und Elise von Gränsingen. Er studierte 1474 in Leipzig, 1480 in Bologna und war 1482 Scholar der Sapienza in Siena. Ab 1498 ist er in Mainz als Domherr und ab 1518 als Kantor nachweisbar. Er starb am 21. April 1535.11)

Anmerkungen

  1. Helwich schreibt: „In fornice supra insignia sunt his nominibus inscripta“.
  2. Über das Aussehen des Chores ist nichts bekannt, da die Kirche im 18. Jahrhundert abgerissen und durch einen Neubau ersetzt wurde, vgl. Schuchert 116.
  3. Herrmann, Protokolle 191.
  4. Demandt, Kirchenorganisation 109 Nr. 68.
  5. Jürgensmeier, Kardinal Albrecht von Brandenburg 23 – 27; DI 2 (Mainz) Nrr. 399 – 401.
  6. Kisky, Domkapitel 117 Nr. 12; Rauch, Domkapitel 170 f. Nr. 1.
  7. Kisky, Domkapitel 149 Nr. 373; DI 2 (Mainz) Nr. 395; Rauch, Domkapitel 163 Nr. 4; DI 29 (Worms) Nr. 451.
  8. Möller, Stammtafeln AF I, Taf. XI.
  9. Zu ihm vgl. ausführlich Kisky, Domkapitel 74 Nr. 236; DI 2 (Mainz) Nr. 404; Rauch, Domkapitel 157 f. Nr. 2.
  10. Biedermann, Geschlechtsreg. Ottenwald Taf. XXVI; DI 2 (Mainz) Nr. 362; Rauch, Domkapitel 146 Nr. 4.
  11. Kisky, Domkapitel 130 Nr. 149; DI 2 (Mainz) Nr. 368; Rauch, Domkapitel 137 Nr. 3.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 394.
  2. Scriba, Grabdenkmähler 336.
  3. Schuchert, Gernsheim (I) 104.

Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 147† (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0014700.