Inschriftenkatalog: Stadt Darmstadt und Landkreise Darmstadt-Dieburg sowie Groß-Gerau
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 49: Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau (1999)
Nr. 4 Groß-Bieberau, Evangelische Kirche E. 13. – A. 14. Jh.?
Beschreibung
Wandmalereiinschrift an der Ostwand des Turmuntergeschosses, rechts neben der Eingangstür. Die nur fragmentarisch erhaltene Wandmalerei ist stark beschädigt und verblaßt, so daß von den Figuren fast nur noch die Vorzeichnungen zu erkennen sind. Links ist Maria als Himmelskönigin dargestellt, doch ist von der Figur nur wenig mehr als der Kopf erhalten. Darüber ist die Namensbeischrift angebracht. Rechts neben Maria steht Christus, der sich leicht nach links wendet. Die beiden Figuren stehen unter einem gemalten Baldachin, der unvollständig erhalten und teilweise restauriert ist. Zu erkennen sind noch der genaste Spitzbogen sowie der von einem liegenden Dreiblatt gefüllte Wimperg.
Maße: H. 243, B. 96, Bu. 4,3 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
S(ANCTA) · MARIA
Anmerkungen
- Glatz, Wandmalerei 93 – 95.
- Herchenröder, Kdm. 112.
- Jahresbericht der Denkmalpflege II 90.
Zitierhinweis:
DI 49, Darmstadt, Darmstadt-Dieburg, Groß-Gerau, Nr. 4 (Sebastian Scholz), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di049mz06k0000404.
Kommentar
Das erste A ist breit trapezförmig mit verdoppeltem Mittelbalken. Das zweite A ist als pseudounziales A mit einem beiderseits überstehenden Deckbalken gebildet. Das unziale M ist durch die Zurückführung der unteren Bogenabschnitte an die Mittelhaste geschlossen. Ein zusätzlicher Abschlußstrich ist nicht zu erkennen, so daß sich insgesamt eine nicht zeitgemäße Form ergibt. Die leicht geschwungene Cauda des R setzt außen am Bogen an. I und S sind zu sehr verblaßt, um bei ihnen noch charakteristische Merkmale feststellen zu können. Die Hasten der Buchstaben sind insgesamt relativ breit gestaltet, und unziales A und M lassen Ansätze von Bogenschwellungen erkennen. Die Buchstabenformen weisen somit in das Ende des 13. Jahrhunderts, doch kommen auch die ersten zwei Jahrzehnte des 14. Jahrhunderts noch in Betracht. Aufgrund des geringen Buchstabenbestandes und des schlechten Erhaltungszustandes ist paläographisch eine genauere zeitliche Einordnung der Inschrift nicht möglich. Die Verwendung des Baldachins als Architekturrahmen könnte jedoch auf eine Entstehung der Wandmalerei nach 1300 hindeuten. Joachim Glatz kam bei seiner Untersuchung der Wandmalereien in der Pfalz und in Rheinhessen zu dem Ergebnis, daß sich dort vergleichbare Baldachinarchitektur erst ab 1300 nachweisen läßt.1) Die Datierung der Malerei in die Mitte des 15. Jahrhunderts durch Herchenröder2) paßt weder zu den Buchstabenformen noch zu den Stilelementen. Herchenröder gibt allerdings an, die Malerei sei 1909 stark restauriert worden, obwohl der Denkmalpflegebericht zum fraglichen Jahr nur die Aufdeckung der Wandmalerei vermerkt, ohne eine Restaurierung zu erwähnen.3) Einige Teile der Darstellung wie etwa der Baldachin sind mit Sicherheit restauriert worden. In wieweit davon auch die Buchstaben betroffen sind, läßt sich ohne erneute konservatorische Untersuchung nicht entscheiden. Ein Verdacht auf Übermalung besteht vor allem beim M.