Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 118 Santa Maria dell’Anima 1559

Beschreibung

Grabplatte für den („designierten“) Kardinal Dr. Johannes Gropper aus Soest bzw. Köln. Ursprünglich im Chor zu Füßen des Grabdenkmals für Papst Hadrian VI.1), wurde die Platte vermutlich im Jahr 1774 im Gefolge der damaligen Umbaumaßnahmen transloziert und vor der Benno-Kapelle in den Boden eingelassen2). Hochrechteckige Platte aus weißem Marmor, im Feld eine gestaffelt angeordnete 32zeilige Inschrift, darüber Wappen im Halbrelief. Gut erhalten, im unteren Bereich teilweise abgetreten.

Erg. nach Schrader.

Maße: H. 202, Br. 98, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Santa Maria dell’Anima, Rom (Dr. Ingo Seufert) [1/1]

  1. D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO)a) / D(OMINO) IOANNI GROPPERIO / RELIGIONIS FIDEIQ(VE) CATHO/LICAE PROPVGNATORI ACE/RRIMO POST INCREDIBILES / LABORES SVMMIS CVM PE/RICVLIS PRO ECCLESIAE / AC / RELIGIONIS CONSERVATIONE / MAGNO SEMPER ET INVICTO / ANIMO EXANTLATOS MVLTAQ(VE) / PRAECLARA L(ITTE)RARVM / MONVMENTA EDITA OB / PERPETVAM FIDEI PIETATISQ(VE) / CONSTANTIAM / INCOMPARABILEM DOCTRINAM / SVMMASQVE VIRTVTES ABSENTI / NEC QVICQVAM MINVS / COGITANTI IN SACRVM / S(ANCTAE) R(OMANAE) E(CCLESIAE) CARDINALIVM / COLLEGIVM COOPTATO / PRAEMATVRA ADHVCb) / MORTE ET QVANDO SVIc) / OPERA IMPRIMIS / DESIDERABA(N)TVR EX / HVMANIS EREPTO FRATRI PIIS/SIMO ATQ(VE) OPTIME MERITO / GODEFRIDVS ET GASPAR / GROPPERII FRATRES ET / [ALVMNI MOESTISSIMI] POSVERE / [VIXIT ANN]OS / [LVIII DIES XV]III / [OBIIT III ID(VS) MARTII M D LV]IIIId)

Übersetzung:

Dem größten und besten Gott (geweiht). – Herrn Johannes Gropper, dem schärfsten Vorkämpfer für Religion und katholischen Glauben, welcher stets mit groß gesinntem und unerschütterlichem Geist unter größten Gefahren erstaunliche Arbeiten für die Erhaltung der Kirche und Religion (verrichtete) und der nach der Veröffentlichung vieler und vorzüglicher Schriftwerke wegen seiner unentwegten Standhaftigkeit in Glauben und Frömmigkeit, seiner unvergleichlichen Gelehrsamkeit und seiner höchsten Tugenden, in Abwesenheit und während er an nichts weniger dachte, in das heilige Kardinalskollegium der Heiligen Römischen Kirche aufgenommen, aber durch einen vorzeitigen Tod zu einer Zeit, da man seine Kräfte besonders gebraucht hätte, den menschlichen Dingen entrissen wurde. Dem so frommen und überaus verdienten Bruder setzten die tief trauernden Brüder und Schüler Gottfried und Kaspar Gropper (dieses Denkmal). Er lebte 58 Jahre und 18 Tage, er starb am 3. Tag vor den Iden des März (13. März) 1559.

Wappen:
Gropper3).

Kommentar

Die feinstrichig gearbeitete, mit dezenter Linksschrägenverstärkung versehene, schwarz gefasste Kapitalis zeigt als Besonderheit M und N mit nach links oben verlängertem Schrägschaft sowie R mit geschwungener und weit ausgestellter Cauda. Als gelegentlich eingesetzte Kürzungszeichen dienen kleine Dreiecke.

Johannes wurde – entgegen den Angaben der Grabinschrift – am 24. Februar 1503 als ältester Sohn des Bürgermeisters Johannes Gropper4) und seiner Frau Anna Hugen im westfälischen Soest geboren. Bereits im Juni 1516 immatrikulierte er sich an der Artistenfakultät der Universität Köln und wurde nach der Absolvierung verschiedener Studien 1525 zum Doktor der Rechte promoviert. Im selben Zeitraum zum Priester geweiht, machte er zunächst als Offizial, dann als Großsiegler des Kölner Erzbischofs Hermann von Wied Karriere, nahm an verschiedenen Reichstagen und Religionsgesprächen teil und war maßgeblich an der Vorbereitung der Kölner Reformsynode von 1536 beteiligt. Ausgestattet mit zahlreichen bedeutenden Pfründen widmete er sich in den vierziger Jahren theologischen Studien, die in seinem 1538 gedruckten theologischen Hauptwerk „Enchiridion“ gipfelten, der „ausführlichsten, wichtigsten und klarsten Dogmatik, welche die vortridentinische Wissenschaft aufzuweisen hat“5). Er wandte sich mit Nachdruck gegen die Bestrebungen des Erzbischofs, im Erzbistum Köln die Reformation einzuführen, und appellierte 1544 zusammen mit dem Kölner Domkapitel an Kaiser und Papst, Hermann von Wied abzusetzen. Nach dessen 1546 tatsächlich erfolgter Resignation wurde Gropper Propst des Cassius-Stiftes in Bonn und bemühte sich nachdrücklich um eine Rekatholisierung des Erzbistums Köln. Er war als Hauptakteur der katholischen Seite maßgeblich am Augsburger Interim von 1548 beteiligt und nahm 1551/52 mit Reden und Gutachten an den Sitzungen des Konzils von Trient teil. Insgesamt scheinen all diese Aktivitäten in Rom großen Eindruck hinterlassen zu haben, so dass Gropper Ende Dezember 1555 – ohne die Bischofswürde innezuhaben – durch Papst Paul IV. zum Kardinal mit der Titelkirche S. Lucia in Selci ernannt wurde. Die Ernennung lange Zeit hartnäckig ablehnend, begab er sich 1558 gemeinsam mit seinen Brüdern Kaspar und Gottfried nach Rom, unter anderem wohl auch deswegen, um die Bestätigung der Wahl des wenig religiösen Johann Gebhard von Mansfeld zum neuen Kölner Erzbischof zu verhindern. Bereits erkrankt in Rom angekommen, verstarb er rasch, ohne dass seine Kreierung zum Kardinal offiziell vollzogen werden konnte. Die Wertschätzung Groppers als des überragenden katholischen Theologen seiner Zeit wird nicht nur durch den außergewöhnlichen Platz seines Begräbnisses und seine geradezu hymnische Grabinschrift signalisiert, sondern auch dadurch, dass Papst Paul IV. an seiner Beerdigung in der Anima persönlich teilnahm und eine stark emotional gefärbte Leichenrede hielt.

Der vermutlich für den Text der außergewöhnlichen Grabinschrift – die ganz gegen die römischen Gewohnheiten völlig auf Herkunfts- und Ämterangaben verzichtet – verantwortliche Dr. Kaspar Gropper6) wurde von Papst Paul IV. während des Trauerkonsistoriums für seinen Bruder zum Rota-Auditor ernannt, verblieb in Rom und fungierte 1573 als päpstlicher Nuntius für Deutschland. Dr. Gottfried Gropper7) dagegen kehrte nach Deutschland zurück, war als Jurist mehrfach Vizekanzler der Universität Köln und übte als Rat des Herzogs von Kleve im zivilen Bereich großen Einfluss aus.

Textkritischer Apparat

  1. Fehlt bei Schrader.
  2. Sic!
  3. Sic! für SVA.
  4. LVII DIES XVII / OBIIT III ID(VS) MARTII MDLVIII Chacon;Ciaconius; Galletti; Gualdi; Forcella.

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol. 18v.
  2. Vgl. dazu Einleitung Kap. 6. – Dabei wurde die Platte mit einem Rahmen aus dunklem Marmor versehen. – Loschi, Gropper 80 Anm. 2 zufolge soll es sich dabei allerdings um eine im Jahr 1885 nach der Abschrift bei Galletti angefertigte Kopie handeln (Wappen nach Chacon, Vitae).
  3. Unter Kardinalshut mit beiderseits sechs Quasten ein Tatzenkreuz, darauf eine Lilie.
  4. Vgl. dazu und zum Folgenden Lipgens pass., Schröer, Quellen pass. sowie zuletzt den 2003 von H. Finger hg. Ausstellungskatalog.
  5. So Ennen, Gropper 736.
  6. Vgl. zu ihm Grebner, Kaspar Gropper pass. – Kaspar war anlässlich des Begräbnisses der Anima-Bruderschaft beigetreten und stiftete sieben Goldkronen, so Lib. Confr. 150.
  7. Vgl. zu ihm Lipgens, Gropper, Johannes S. 133. – Gottfried kam erst wieder 1575 als Internuntius des Kölner Erzbischofs nach Rom zurück, trat bei der Gelegenheit der Anima-Bruderschaft bei und erwies der Anima zum Gedenken an seinen verstorbenen Bruder Johannes Wohltaten; vgl. Lib. Confr. 165.

Nachweise

  1. Chacon, Romanas Epitafios fol. 185r.
  2. Schrader, Mon. Italiae 146v.
  3. Chacon, Vitae 851.
  4. Sweertius, Selectae 34f.
  5. Galletti Nr. 25.
  6. Gualdi fol. 360v-361r.
  7. Forcella 3 Nr. 1111.
  8. NN., Inschriften fol. 328
  9. Loschi, Gropper 80f.
  10. Lipgens, Gropper 217f. (übers.).

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 118 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0011802.