Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 477 Winkel, Durchgang von Kirche zum Friedhof kurz nach 1570/1608/1609

Beschreibung

Epitaph für Wendelin Fraymett und seine beiden Ehefrauen Anna Weis und Agnes Dielmann; heute südlich neben dem Westportal außen an der Wand befestigt. Auf dem Werkstück aus rotem Sandstein in der oberen Hälfte querrechteckige Rollwerktafel mit elfzeiliger Grabinschrift (A) und Spruchinschrift (B), darunter der Verstorbene mit seinen beiden Ehefrauen in Adoration, über ihm Relief des Salvator mundi in Wolken, segnend dem Verstorbenen zugewandt. Über den Verstorbenen jeweils ein Kreuz. Auf dem nach außen abgeschrägten Rand umlaufende Spruchinschrift (C). Das Wappen zu Füßen Fraymetts nicht mehr erkennbar, die Figuren der Ehefrauen an der Oberfläche fast vollständig zerstört, insgesamt starke Verwitterungen im unteren Bereich.

Maße: H. 107, B. 89,5, Bu. 2 (A), 3 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/1]

  1. A

    ANNO D(OMI)NI 〈1609〉 DEN 〈25〉 DESEN MONATS 〈IAN(VARII)〉 IST / IN GOTT VERSCHIEDEN, DER EHRNHAFT, WENDELI(N)Ga) / FRAŸMETT. SCHVLTHES DIESSES FLECKENS WINCKELL / A(NN)Ob) D(OMI)NI .15.70 DEN 7. IVNŸ STARB DIE ERBARE ANNA WEIS/SIN GEMELTES WENDELINI FRAŸMETTIS ERSTE EHELICHE / HAVSFRAW, A(NN)Ob) D(OMINI) 〈1608〉 DEN 〈21〉: (NOVEM)BRI(S)c)〉 STARB DIE THVGENT/SAM ANGNES DIELMENNIN, EHEGEMELTES WENDELINI / ZWEITE EHEGEMAHL, WELCHE(N) SELEN, VND VNS ALLE(N), / DER LIEBE GOTT GNEDICH SEIN, VND FROLICHE VFFER/STHEVNG VERLEIHE(N) WOELL AMEN.

  2. B

    GOT IST VNSER TROSTd)CHRISTO HAT VNS ERLOST,V(N)D VNS BREIDTe)DE(N) WEGK ZVR SELIG/KEITTf).

  3. C

    QVOD ES FVI · QVOD / SVM ERIS HODIE / MIHI CRAS TIBI 15[..]

Übersetzung:

Was du bist, war ich, was ich bin, wirst du sein; heute mir, morgen dir.

Versmaß: Deutsche Reimverse.

Kommentar

Fraymett gab das Epitaph nach dem Tode seiner ersten Ehefrau Anna im Jahre 1570 und nach seiner zweiten, vermutlich rasch danach erfolgten Eheschließung in Auftrag. In der Regel erfolgt die Herstellung des Denkmals innerhalb weniger Jahre nach dem Tod des zuerst Verstorbenen.1) Die fragmentarische Jahreszahl in (B) bezieht sich wohl auf das Entstehungsjahr des Epitaphs. Die Sterbedaten der zweiten Ehefrau Agnes und Fraymetts eigene wurden später nachgetragen. Der paläographische Befund widerspricht einer Entstehung in den 1570er Jahren nicht. Die Inschrift zeigt teilweise erhöhte Versalien.

Der im sepulkralen Zusammenhang seit dem Mittelalter geläufige Spruch HODIE MIHI CRAS TIBI2) thematisiert als Paraphrase von Sir. 38,233) das Vergänglichkeitsmotiv, das auf Grabmälern und in literarischen Quellen, vor allem in den Darstellungen von Totentanz und in der Begegnung der drei Lebenden mit den drei Toten (C) weite Verbreitung gefunden hat.

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Vielleicht VS-Kürzung.
  2. O klein und hochgestellt.
  3. Am Stein gekürzt mit einer kleinen 9 für NOVEM, Kürzungsstrich und dem i-Punkt über dem R.
  4. Ohne Abstand an das vorhergehende Wort angesetzt; Schluß-T klein über dem S.
  5. Das kleiner gehauene R steht unter der Zeile, leicht nach rechts verschoben unter dem E.
  6. KEIT in kleineren Buchstaben auf dem Rollwerkrand.

Anmerkungen

  1. Vgl. etwa die Beispiele in DI 29 (Worms) Nrr. 504, 506, 527.
  2. Vgl. DI 1 (Main-Taubergrund) Nr. 224 zu 1555; DI 12 (Heidelberg) Nr. 333 mit weiteren Verwendungsnachweisen; in Verbindung mit Memento mori-Formel auch DI 7 (Naumburg-Stadt) Nr. 325; DI 25 (Lkr. Ludwigsburg) Nr. 668; DI 29 (Worms) Nr. 582; DI 38 (Lkr. Bergstraße) Nrr. 193, 201, 202.
  3. „Memor esto iudicii mei; sic enim erit et tuum: mihi heri et tibi hodie“.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 477 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0047700.