Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 419 Kiedrich, an der Kirchhofsmauer 1541

Hinweis: Das Steinmetzzeichen des Oppenheimer Ritterbrunnens weicht von jenen der anderen Objekte ab, er stammt also nicht von Moritz Lechler. Freundlicher Hinweis von Dr. Martin Held, Oppenheim, 2010.

Beschreibung

Herstellungsinschrift auf dem Architrav des ehem. Marktbrunnens.1) Ursprünglich als Galgen-Ziehbrunnen errichtet, wurde er gegen Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen; der Architrav diente mit der Schauseite nach unten als Abdeckung des Brunnenschachtes. In den 1930er Jahren zunächst erhoben und als Steg über den Grünbach gelegt, wurde er dann neben dem Rathaus in die Wand eingemauert. 1979 kamen bei Ausschachtungsarbeiten die über dem Sturz angebrachten Wappen des Kardinals Albrecht von Brandenburg und der Gemeinde Kiedrich zum Vorschein; ab 1982 bis zum Einbau an die heutige Stelle im Bauhof zwischengelagert. 1989-1994 restauriert und ergänzt. Querrechteckiger, schmaler Rotsandsteinblock mit abgetreppt eingetieftem Feld, darin die Inschrift, darüber in Segmentgiebel mit Muschelfüllung zwei tingierte Wappen. Die Seitenpilaster nach zeitgenössischen Formen frei ergänzt. Steinmetzzeichen (Nr. 8) des Moritz Lechler an der linken Schmalseite des Architravs. Neue Farbfassung.

Maße: H. 47,5, L. 218, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Dr.Monsees_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/3]

  1. · ANNO · DOMINI · 1541 · IST · DIS · WERCK · GEMACHT · WORDEN

Wappen:
Kardinal u. Erzbischof Albrecht von Brandenburg; Gemeinde Kiedrich.

Kommentar

Die Kapitalisbuchstaben sind regelmäßig und mit kleinen dreiecksförmigen Sporen an den Balkenenden in den Stein gehauen. Der Mittelteil des M wird auf die Grundlinie geführt, das E besitzt gleichlange Balken. Bei R und K verläßt der Steinmetz das klassische Vorbild: Die Cauda wird nach außen gebogen und halbspiralig aufgerollt; auch die kurzen Balken des K sind gerundet. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Vorbildgebend für den Kiedricher Brunnen dürfte der Mainzer Marktbrunnen2) von 1526 gewesen sein. Dieser aufwendig gestaltete Brunnen wurde von Lühmann-Schmid in die Nähe des Oeuvres des Mainzer Bildhauers Peter Schro gerückt.3) Für den Kiedricher Brunnen hingegen ist aufgrund des Steinmetzzeichens der Heidelberger Meister Moritz Lechler4) namhaft zu machen. Dieser signierte mit diesem Zeichen u.a. auch den Schlußstein der Eberhardskapelle in Michelstadt von 1542, den Chor der dortigen Stadtkirche von 1543,5) ferner den Oppenheimer Ritterbrunnen von 15466) und den zerstörten und 1929 erneuerten Marktbrunnen in Bretten von 1555.4)

Anmerkungen

  1. Vgl. Monsees/Staab, Marktbrunnen. 74-80; Krebs, Lechler 18f.
  2. Vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 1144.
  3. Lühmann-Schmid 2, 65-68; sie schränkt die Arbeit Schros auf „den Entwurf, die Ausarbeitung des Bildprogrammes und die Ausführung figuraler Elemente der Giebelbekrönungen“ ein, s. ebd. 68.
  4. Krebs, Lechler 18.
  5. Vgl. dazu Falk Krebs und Eberhard J. Nikitsch, Bildhauer, Steinmetzen, Glockengießer und Handwerksmeister der Stadtkirche Michelstadt. In: Michelstadt – 500 Jahre Stadtkirche. Michelstadt 1991 (Rathaus- u. Museumsreihe. 9.) 85-97.
  6. DI 23 (Oppenheim) Nr. 155, ohne Meisterzuschreibung.

Nachweise

  1. Monsees/Staab, Marktbrunnen 75 mit Abb. 6.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 419 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0041906.