Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 345(†) Oestrich 1508-1628

Bau- und Jahreszahlen an der Kath. Pfarrkirche sowie an einzelnen Profangebäuden im Ortsbereich und in der Gemarkung.

1.(†) Katholische Pfarrkirche St. Martin. Im Scheitel der südlichen Portalvorhalle außen Jahreszahl.

  1. 1508

Von dem unbekannten Vorgängerbau ist nur noch der romanische Turm aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts erhalten, dessen Helm nach einem Brand 1963 erneuert wurde. Die Bauzahl bezieht sich auf den Neubau des Kirchengebäudes; der nach der Brandstiftung durch die Schweden 1631 bald einsetzende Wiederaufbau zeigte nur vereinfachte Formen.1) Die Haste der 1 ist unten gespalten und umgebogen, der linke Bogen überschneidet die Haste nach rechts oben; diese Form entspricht der 1 der Jahreszahl auf der Kreuzigungsgruppe von 1678. Die Bauzahl stammt also aus der Wiederaufbauzeit.

2. Pfingstmühle, außerhalb des Ortes im Tal. Über dem massiven Hauptgeschoß Fachwerkgeschoß mit Satteldach. In der gegen das Tal gerichteten Westwand des Hauptgebäudes dreifach gekuppelte Rechteckfenster in gekehltem Gewände, auf dem Fenstersturz Jahreszahl.

Nach Kdm.

  1. 1597

Die Pfingstmühle gehörte ehemals dem Kloster Gottesthal.2)

3. Wohnhaus Rheinstraße 20. Das massive Erdgeschoß trägt ein Fachwerkobergeschoß, das im wesentlichen verschiefert ist. Auf einem sichtbar gelassenen geschnitzten Brüstungsfeld befindet sich die Jahreszahl.

Nach Kdm.

  1. 1614

4. Rathaus. Bronzegefäß mit Ortsnamen und Jahreszahl. Das bauchige, urnenartige Gefäß zeigt unterhalb des oberen Randes vorne und hinten das Wappen des Mainzer Erzbischofs Johann Schweickart von Kronberg, auf der Frontseite darunter die eingravierten Buchstaben und Ziffern. Guter Erhaltungszustand.

Maße: H. 23,5 Dm. 13,5, Bu. 3,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. · OESTERICH · / · 16 · 18 ·

 
Wappen:
Erzbischof Johann Schweickart von Kronberg (geviert von Erzbistum Mainz und Kronberg).

Zu Beginn der Inschrift und als Trenner wurden kleine Quadrangel so gestellt, daß sie ein Dreieck bilden. Der ehemalige Verwendungszweck des Gefäßes dürfte im Zusammenhang mit der Gemeindeverfassung stehen, da es offensichtlich als Geschenk des Mainzer Erzbischofs Johann Schweickart von Kronberg (1604-1626) an die Gemeindevertreter gedacht war. So ist ein Gebrauch als Wahlurne bei Landkapitels- oder Dechantenwahlen denkbar, war Oestrich doch der Sitz des Dechanten. Eine wohl demselben Zweck dienende, wenngleich wesentlich schlichtere Rotgußvase mit Stadtwappen und Jahreszahl wird im Kiedricher Rathaus aufbewahrt (Nr. 276).

5. Rheinallee 5 (Gasthaus Zum Schwan). Langgestrecktes Fachwerkanwesen mit Schauseite zum Rhein. Am Mittelbau befindet sich ein achtseitiger Erker mit einer Haube. Im Giebel die goldfarbig ausgemalte Jahreszahl.

  1. 1628

Anmerkungen

  1. Kdm. 290, auch Müller/Geisler, Kirchenführer Oestrich 2f. So ist bislang ungeklärt, ob die heutige Kirche der zweite oder der dritte Bau an dieser Stelle ist, wobei die Existenz des seit dem 8./9. Jh. als Zentrum der karolingischen Krondomäne bekannten Ortes einen frühen Kirchenbau erwarten läßt, vgl. Müller/Geisler ebd. 3.
  2. Zu den beiden klostereigenen Mühlen vgl. Monsees, Gottesthal 269-272.

Nachweise

  1. Kdm. 288 (3); 289 (4); 292 (1), 297 (2).
  2. Dehio Hessen (1982) 707 (1, 3); 708 (5).

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 345(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0034507.