Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 580 Kiedrich, Kath. Pfarrkirche St. Valentin 1619

Beschreibung

Epitaphaltar (Hochaltar) für Kaspar zu Eltz von Langenau. Retabel mit dreigeschossigem, in sich nochmals unterteiltem Aufbau. In der unteren Zone hochrechteckige Nische,1) darüber querrechteckige, leere Tafel, flankiert von zwei halbrunden, leeren Nischen. Daneben Medaillons mit Bibelsprüchen (A) links und (B) rechts, über diesen je zwei Relieffelder mit biblischen Themen: links unten die Manna-Lese, darüber die Ausstellung der Schaubrote mit Melchisedech; rechts unten das Abendmahl, darüber die Szene Esther vor Ahasver. In der Mitte zwischen den Relieftafeln querovale Kartusche aus Schiefer mit siebenzeiliger, in goldenen Buchstaben aufgemalter Memorialinschrift (C). Die darüberliegende Mittelzone besteht aus einer rundbogigen, von zwei Säulen eingefaßten Blendnische mit dem großen Relief der Anbetung der hl. Drei Könige. In den beiden äußeren Muschelnischen stehen vollplastische Heiligenfiguren: links der hl. Bonifatius, rechts die hl. Elisabeth, über ihren Köpfen bezeichnete Schriftbänder (D) in moderner Ausführung. Das darüberliegende Gesims trägt acht unbezeichnete Ahnenwappen auf Rundmedaillons. Im Mittelteil des obersten, dreiteiligen Geschosses mit offenem Rundbogenfeld steht die Figur des Kirchenpatrons, des hl. Valentin, im Bischofsornat. Er ist umgeben von je vier weiteren Ahnenwappen auf runden Medaillons mit Beischriften auf kleinen Schriftbändchen. Links neben dem hl. Valentin steht die Figur des auferstandenen Christus mit der Siegesfahne mit moderner Inschrift (E), rechts der hl. Nikolaus. Den oberen Abschluß des Retabels bildet ein Relief mit der Szene der Kreuzabnahme, flankiert von einer weiblichen und einer männlichen Heiligenfigur.2) Über diesen je eine Kartusche mit Vollwappen Eltz links und Stein rechts. Das ganze Retabel ist reich geschmückt mit Laubwerk, Blütengehängen, Laub- und Lorbeerstäben, Voluten, Rollwerk und Masken. Aufbau aus Stuck, Reliefs aus Alabaster, Figuren aus Sandstein, farbig gefaßt. 1782 und 1876 renoviert.3)

Maße: Medaillons (A, B): H. 46, 47, B. 36-38, Bu. 2,5-3 cm, übrige Maße nicht zu ermitteln.

Schriftart(en): Kapitalis (A-D), kursive Minuskel (Wappenbeischriften).

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/7]

  1. A

    PS(ALM) LXXVII, / ET MANDAVIT NVBIBVS / DESVPER ET IANVAS COe/ LIa) APERVIT, ET PLVIT ILLIS / MANNA AD MANDVCANDV(M) / ET PANEM COeLIa) DEDITb) / EIS (ET)C(ETERA)4)

  2. B

    IOH(AN)N(ES) 6 / EGO SVM PANIS VIV=/VS QVI DE COeLO DES=/CENDI SI QVIS MANDVCAVE/RIT EXc) HOC PANE VIVET / IN AETERNVM.5)

  3. C

    ANNO .1619. 20 IANVARŸ OBŸT PRAE/NOBILIS ET STRENVVS CASPAR DO(MINV)Sd) AB / ELTZ S(ACRAE) CAESARIAE MAIEST(ATIS) ET ARCHIEP(ISCOPI) MOGV(NTINENSIS) / A CONSILIIS MAIOR DOMVS, ET VICEDOMIN(VS) / RELICTO HOC AD HONOREM DEI ET S(ANCTI) / VALENTINI MONVMENTO. CVI(VS) A(N)I(M)A REQ(VIESCAT) / IN PACE. AETATIS 63.

  4. D

    S(ANCTUS) BONIFACIUS / S(ANCTA) ELISABETHA ·

  5. E

    ECCE AGNUS DEI!

  6. Wappen mit Beischriften:  
    [Eltz], Wolfs Kellee), Vbenf), [Frank]enstein; vom [Stein], Reiffenberg, Metzenhavsen, Freÿ v(on) · Dehrn. 

Übersetzung:

Und er gebot den Wolken dort oben und öffnete die Pforten des Himmels und ließ für sie Manna zur Speise regnen und gab ihnen das Brot vom Himmel (A). – Ich bin das lebendige Brot, der ich vom Himmel herabgekommen bin. Wenn irgendjemand von diesem Brot ißt, wird er leben in Ewigkeit (B). – Im Jahre 1619, am 20. Januar starb der vornehme und gestrenge Kaspar, Herr zu Eltz, der Heiligen Kaiserlichen Majestät und des Erzbischofs von Mainz Rat, Großhofmeister und Viztum, nachdem er dieses Werk zur Ehre Gottes und des hl. Valentin hinterlassen hatte. Seine Seele ruhe in Frieden. Im Alter von 63 (C). – Siehe das Lamm Gottes (E).

Wappen:
Eltz; Stein.
 
Eltzvom Stein
WolfskehlReifenberg
Marschall von Waldeck zu IbenMetzenhausen
FrankensteinFrei von Dehrn
 
Boos von Waldeck?8)
Leyen(?)6)Waldbott von Bassenheim
?7)Gülpen gen. von Heddesheim
Zant von MerlWilch von Alzey9)
 
Boos von Waldeck?
LeyenWaldbott von Bassenheim
?Gülpen gen. von Heddesheim
Zant von MerlWilch von Alzey

Kommentar

Die Memorialinschrift für den unmittelbar vor dem Hochaltar bestatteten Kaspar zu Eltz (vorherige Nr.) ließen die Hinterbliebenen anfertigen. Den Auftrag zur Anfertigung von Teilen des Altarretabels dürfte Kaspar zu Eltz selbst an die Werkstatt des für die deutsche Bildhauerei des Spätmanierismus bedeutsamen Aschaffenburger Meisters Johannes Juncker10) gegeben haben.

Textkritischer Apparat

  1. Minuskel-e an den rechten Bogen des O angefügt.
  2. I in D eingestellt.
  3. X gebildet aus zwei von einander abgewendeten Bögen.
  4. Kürzungszeichen fehlt.
  5. Wolfskehl.
  6. Marschall von Waldeck zu Iben.

Anmerkungen

  1. Die heute als Tabernakel dienende Rechtecknische war Zaun zufolge ursprünglich für die kniende Gestalt des Stifters in Rüstung mit betend erhobenen Händen vorgesehen. Die Figur wurde im Zuge der Renovierung 1782 auf eine beschriftete Konsole in der Ecke der nördlichen Sakristeitür gestellt und mit folgender, heute verschwundener Inschrift versehen: Caspar ab Eltz summi altaris fundator, anno 1619, 20. Jan. pie defunctus, quondam in altari positus, at anno 1782 eodem renovato, cooperante familie ab Eltz, impediti prospectus gratia huc locatus. Die Figur steht heute in der oberen Altarzone links. Die Überlieferung der deutschen Grabinschrift in Kdm. mit Hinweis auf Zaun suggeriert die Existenz einer weiteren Inschrift. Es handelt sich in Kdm. aber nur um eine Übersetzung der vorhandenen lateinischen Grabinschrift, Zaun hat dagegen richtig diese lateinische Inschrift.
  2. Bei der männlichen Figur rechts könnte es sich um den hl. Johannes d.Ev. handeln.
  3. Vgl. Zaun.
  4. Ps. 77,23 und 24.
  5. Io. 6,51 und 52.
  6. In schwarz Sparren mit 3:3:4 gestellten Steinen.
  7. Unter goldenem Schildhaupt in rot ein goldener Schild mit roter Figur (?), von 2:1 gestellten Sternen in verwechselten Farben begleitet.
  8. In silber roter Balken.
  9. Diese beiden Wappenreihen sind von der Mitte aus gelesen. Ihre heutige Disposition stimmt jedoch nicht mit der bislang zu ermittelnden Ahnenprobe überein.
  10. Vgl. zu ihm Thieme-Becker 19, 315f., zu einzelnen Mainzer Werken Lühmann, Flügelaltar passim.

Nachweise

  1. Zaun, Kiedrich 95.
  2. Roth, Geschichtsquellen III 249.
  3. Kdm. 224f. (Übers.) m. Abb. 532.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 580 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0058007.