Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 530† Oestrich, Beinhaus 16.Jh.?
Beschreibung
Zehnzeilige, gereimte Spruchinschrift am Beinhaus nahe der Kirche, wahrscheinlich auf einer Tafel aus Holz oder Stein. 1614 kopial überliefert.
Nach Helwich.
Hie get Recht nach RechtHie liegt der Her beÿ dem KnechtNun siehent alle herbeÿWer da edel oder onedel seÿHie seit ir alle gleichHie liegt der Arm beÿ dem ReichHie liegt der Reich beÿ dem ArmenGott woll sich vber euch all erbarmenVnd nem euch alle gleichZu ihm in sein ewig Reich.
Versmaß: Deutsche Reimverse.
Anmerkungen
- Norbert Ohler, Sterben und Tod im Mittelalter. München 1990, 154.
- Vgl. Kommentar zu DI 1 (Main-Taubergrund) Nr. 43.
- DI 20 (Kr. Karlsruhe) Nr. 263.
- DI 29 (Worms) Nr. 741.
- DI 25 (Lkr. Ludwigsburg) Nr. 232.
- DI 1, wie Anm. 2.
- „Da sind beide, klein und groß, und der Knecht ist frei von seinem Herrn“.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 271.
- Zaun, Landkapitel 174.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 530† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0053002.
Kommentar
War die Gemeinschaft der Toten auf Friedhöfen in ähnlicher Weise wie die Welt der Lebenden gegliedert, d.h. wurden Bestattungen meist nach Standeszugehörigkeit getrennt,1) so erübrigte sich eine solche Unterteilung bei Beinhäusern. Auf dieses Nebeneinander in räumlicher Hinsicht, verknüpft mit der Aufhebung der im Leben geltenden Standesunterschiede durch den Tod, bezieht sich die Reiminschrift. Ähnliche, meist auf vier Zeilen beschränkte Inschriften sind für das 16. Jahrhundert mehrfach belegt, etwa am Beinhaus des Klosters Klingenthal bei Basel,2) auf dem Sulzfelder Friedhof mit Datum 1574,3) in der Wormser Magnuskirche,4) an dem ehemaligen Friedhof von Oßweil 1522 (oder 1622?)5) oder als Hausinschrift in Wertheim um 1573.6) Als gemeinsamer Ursprung liegt das Hiob-Wort 3,197) zugrunde.