Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 516(†) Idstein, Unionskirche 1596/1632

Beschreibung

Epitaph für den Grafen Johann Ludwig I. von Nassau-Wiesbaden-Idstein und seine 1632 verstorbene Gemahlin Maria von Nassau-Katzenelnbogen zu Dillenburg. Das ehemals an der Chorwand aufgestellte Denkmal dürfte um 1680 abgebrochen worden sein;1) das Aussehen des dreizonigen Grabmals ist aber durch eine Zeichnung von Dors überliefert. Ein breiter Unterbau trug die Grabinschriften (A, B) des Paares, als Karyatiden befanden sich dort die Allegorien der christlichen Tugenden Glaube, Liebe, Hoffnung auf Sockeln mit entsprechenden Beischriften (C-E). Die überlebensgroßen, vollplastischen Figuren des Ehepaares standen in der Mittelzone des Epitaphs in einer Doppelarkade, deren reich verzierte und auf jeder Seite mit je acht Wappen belegte Pilaster das Gebälk stützten. Links von der Figur des Grafen bzw. der Gräfin waren die Wappen der Mütter der väterlichen Linie, rechts die der Mütter der mütterlichen Linie aufgereiht. Auf dem Architrav Spruchinschrift (F), auf eigenen Sockeln die allegorischen Figuren der Ehe (?) in der Mitte, flankiert von den mit Beischrift (G) versehenen Genien des Schlafes links und des Todes rechts. Darüber zwei Giebel mit je einem Vollwappen und zwei allegorischen Frauenfiguren: über dem Grafen die Allegorie der Justitia, über der Gräfin die Figur der Pax (oder Fortuna?). Erhalten blieben allein die Standfigur des gerüsteten Grafen mit dem begleitenden Löwen und dem Helm zu Füßen sowie der Rechtecksockel mit seiner Grabinschrift (A), ferner die Büste der Gräfin. Die Bruchstücke sind heute in der Südostecke des Reiterchörleins aufgestellt. Das Standbild des Grafen ist an seiner Oberfläche stark beschädigt, die rechte Hand wurde in Gips ergänzt; auch die Büste der Gräfin wurde ergänzend überarbeitet.

(B-D), (F-G) nach Dors.

Maße: H. Fig. ca. 255, Schrifttaf. H. 53, B. ca. 102, Bu. 3,8-5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/4]

  1. A

    ANNO. DOMINI. 1596. DE(N) 20 IVNII. / IST IM HER(RN) CHRISTO / SELIG VERSCHIDE(N) / DER WOLGEBORNE IOHANN LVTWIG GRAVE / ZV NASSAW HERR ZV WISBAD(EN) V(N)D ZV ITSTEI(N)a) / SEINES ALTERS 29 IAR 10 WOCHE(N), IN REGIER(VNG) / [7]b) IAR 27 WOCHE(N), GOT WOLLE IME V(N)D VNS / [AL]LEN EINE FRÖLICHE VHRSTENDT GEBEN AME(N)

  2. B

    AN(N)O. D(OMI)NI. 16〈32〉c). DEN 〈...〉 / IST IM HERN CHRISTO SELIG VERSCHIDEN DIE WOLGEBORNE / MARIA GEBORNEd) GRÄVIN ZV NASSAW CATZENELNBOGEN GREVIN VND FRAW ZV NASSAW WISBADEN DEREN GOTT VND VNS ALLEN GNEDIG SEI A(MEN).

  3. C

    FIDES

  4. D

    SPES

  5. E

    [CARITAS]e)

  6. F

    HERR DEIN WILL GESCHEE2) / GETREW BIS IN DEN TODT

  7. G

    MEMENTO / MORI

 
Wappen
Nassau-Wiesbaden-Idstein; Nassau-Katzenelnbogen
         
Nassau-Wiesbaden-Idstein Nassau-Katzenelnbogen
Bergen? (fehlt)3)
Hanau-LichtenbergHessen
Nassau-DillenburgLoon-Heinsberg
Isenburg-BüdingenLeuchtenberg
Waldeck Brandenburg (Markgrafen)
SchwarzburgSchwarzburg
Brandenburg (Markgrafen).Brandenburg (Markgrafen).

Kommentar

Die bei Datum und Namen mit überhöhten Versalien versehene Kapitalis zeichnet sich durch sorgfältig gehauene Buchstaben mit starker Sporenbildung an den Buchstabenenden aus. Das Schriftbild ist ebenso durch den Wechsel von Haar- und Schattenstrichen charakterisiert wie durch die sparsame Verwendung von Ligaturen und ein ausgewogenes Platz-Text-Verhältnis. Punkte und Kommata dienen gelegentlich als Interpunktionszeichen.

Die Grabplatte des Grafen hat sich in Fragmenten erhalten (vorherige Nr.). Der Sohn des Ehepaares, Graf Johann Philipp, verstarb 1599 (Nr. 521). Das Epitaph dürfte von demselben unbekannten Meister stammen wie dasjenige des Junggrafen und dem Künstler der Grabmäler in St. Arnual in Saarbrücken,4) Bernhard Falk (?), zum Vorbild gedient haben. Möglicherweise ging Falk aus dieser Idsteiner Werkstatt hervor.

Textkritischer Apparat

  1. Dors schreibschriftlich Itzstein.
  2. Beschädigung an dieser Stelle, ergänzt nach Helwich und Dors.
  3. Helwich überliefert 16... den ..., Dors hat bereits 1632, wobei die beiden letzten Ziffern sehr klein nachgetragen wurden. Aus diesen Überlieferungen könnte eine Herstellung des Denkmals nach 1600 abzuleiten sein.
  4. Ab hier verwendete Dors die schreibschriftliche Kursive, obwohl die Grabinschrift sicherlich insgesamt in Kapitalis geschrieben war.
  5. St. George ergänzte AMOR. Es muß aber eher zu CARITAS zu ergänzen sein, da offensichtlich die christliche Nächstenliebe gemeint war.

Anmerkungen

  1. Einsingbach, Unionskirche (1989) 27.
  2. Nach Mt. 6,10.
  3. Stolberg-Wernigerode.
  4. Vgl. hierzu Albert Ruppersberg, St. Arnual, Geschichte des Stiftes u. des Ortes. Essen 1930; Walther Zimmermann, Die Stiftskirche zu St. Arnual. In: Monatshefte f. d. ev. Kirchengesch. d. Rheinld. 5 (1956) 71-76; vgl. auch Hauck, Grabdenkmäler passim.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 422.
  2. Dors, Genealogia 168-173 Nr. 36 mit Abb. 65.
  3. Hagelgans 41 Nr. CXX.
  4. St. George 85.
  5. Kremer, Origines II 469 Nr. LIV, 472 Nr. LXVII.
  6. Roth, Nass. Epitaphienbuch 562 Nr. V.
  7. Luthmer (1914) 159 Abb. 174.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 516(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0051606.