Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 501 Kiedrich, Kath. Pfarrkirche St. Valentinus (1581)/1582/1599

Beschreibung

Epitaph des Bartholomäus Thein und seiner Ehefrau Elisabeth Wurm. Im 19. Jahrhundert noch rechts neben dem Eingang der südlichen Sakristei, heute unter der Orgel an der Wand aufgehängt. Dreiteiliges Denkmal aus Holz, im Feld Darstellung der Auferstehung Christi, der dem Sarg entstiegen ist, die rechte Hand zum Segensgestus erhoben, mit der Linken die Kreuzesfahne umfassend, zu seinen Füßen die zurückweichenden Wächter. Im landschaftlich gestalteten Hintergrund rechts die drei Frauen auf dem Weg zum Grabe. In der unteren Bildzone vorne zwei Beterreihen mit den Verstorbenen und ihren Kindern: links der Mann mit vier Söhnen, rechts die Frau mit drei Töchtern, über ihren Köpfen jeweils kleine (teilweise nachträglich eingefügte) Kreuzchen. Die beiden vier- bzw. dreizeiligen Grabinschriften (A, B) für das Ehepaar sind auf dem Sockelfeld aufgemalt. Im oberen Denkmalteil ein Chronostichon (C) mit dem Todesdatum des Verstorbenen, darüber im Giebel ein lateinisches Grabgedicht als Memorialinschrift (D) mit dem Herstellungsjahr (E). Die Inschriften waren bereits vor dem Ende des 19. Jahrhunderts nur noch schwer zu entziffern,1) wobei Inschrift (D) zu dieser Zeit möglicherweise soweit verloschen war, daß Zaun sie nicht überlieferte.

Maße: H. ca. 230, B. 132, Sockeltaf. H. 26, B. 91, Bu. 2-4 cm.

Schriftart(en): Fraktur (A, B), Kapitalis (C, D).

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/4]

  1. A

    Anno Domini 1581 Freitags den 15 Septembris ist in Gott Christenlich / entschlaffen Der Erenhafft vnd Wolachtpar Bartholomeus Thein / alhier 23 Jar vnd 8 monat gewesener Schultheis Dessen Seel Gott / gnedig vnd Barmhertzig sein wolle ·

  2. B

    Anno Domini 1〈599〉 Den 〈31 December〉 Ist in Gott seeliglich verschiden Die / Ehrn vnd Tugenthaffte Fraw Elisabeth Wurm, sein Eheliche haus fraw / Deren Der Almechtig ein fröliche aufferstendtnus verleihen wölle ·

  3. C

    SEPTEMBRIS TER QVINTA DIES TVLIT ASPERA FATAET PETIIT FESSVS REGNA BEATA SENEX

  4. D

    DORMIVIT [O]NORATVS VIR BARTHOLOMAEVSa) IN ISTO,[...]b) NATVS THEIN BENEc) STIRPE LOCO,PRAETORd) [IN OP]PIDV[M] KIDERICH TRES IVGITER AN(N)[IS]e)BISQ[VE]f) DECEM [..SIS]g) MENSIB(VS) OCTO FVIT,TRES NATAS PLACIDAS V[N...]h) [R]ELIQVITARTIBVS EXCVLTOS [S]VMPTIB(VS) ANTE SVIS,QVI POSVIT E SVO CONC[....]IT[..]i) [IST]A [P]ARENTI,PERPET[V]I LVCTVS ELYk) MONVMENTA SVI ·

  5. E

    1582

Übersetzung:

(1581) Der dreimal fünfte (15.) Tag des September brachte ein trauriges Schicksal, und der ermüdete Greis erlangte die glücklichen Königreiche (C). – An diesem Ort schläft der angesehene Mann Bartholomäus Thein, der aus einer guten Familie stammt. 23 Jahre und acht Monate ist er beständig Schultheiß der Stadt Kiedrich gewesen. Er hinterließ drei sanfte Töchter (und einen Sohn ?), die vorher auf seine Kosten in den Elementarwissenschaften ausgebildet wurden. Dieser setzte auf seine Kosten (...) dem Vater das Denkmal seiner beständigen und verzehrenden Trauer (D).

Versmaß: Chronostichon (C); vier Distichen (D).

Kommentar

Das Grabmal gehört zusammen mit dem zeitlich früheren der Walburga Koeth von Wanscheid (Nr. 466) zu den materialbedingt selten erhaltenen und im Bearbeitungsgebiet nur in diesen beiden Exemplaren vorhandenen Holzepitaphien.

Die Inschrift spricht von drei Töchtern, die den Vater überlebten. Da im Anschluß an diese Stelle EXCVLTOS steht, muß in der Textlücke von einer oder mehreren männlichen Personen die Rede gewesen sein. Aus QVI POSVIT kann man jedoch schließen, daß es sich nur um einen überlebenden Sohn handelte, der dann für die Anfertigung des Denkmals Sorge getragen hat. Seine drei auf dem Epitaph abgebildeten, aber inschriftlich nicht genannten Brüder dürften zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben gewesen sein.

Bartholomäus Thein wurde im Sommer 1544 als Kiedricher Schulmeister angenommen und versah dieses Amt bis 1549.2) Nach der Inschrift war er seit 1557 in der Amtsfunktion des Schultheißen insgesamt 23 Jahre und acht Monate lang tätig.

Textkritischer Apparat

  1. O klein über Balken des L gestellt, Mittelbalken des E bei AE fehlt.
  2. Ergänzungsvorschlag Staab QVI FVIT.
  3. Staab PERENNE.
  4. Staab läßt ENIM folgen.
  5. Durch Beschädigung I und S nur schwach erkennbar.
  6. Staab BISQVE ET. Schrift stark verblaßt, mittlerer und unterer Balken des E nicht mehr sichtbar.
  7. Staab ergänzt frei GVBERNANS.
  8. Staab ergänzt QVATTVOR GENITOSQVE. V ist als erster Buchstabe eindeutig erkennbar, danach scheint noch ein N sichtbar zu sein; deshalb Vorschlag Dr. Sebastian Scholz: VNVM NATVMQVE. Diese Ergänzung ist sowohl vom Platz als auch vom Metrum her passend.
  9. Nach den noch sichtbaren Resten Ergänzungsvorschlag Dr. Rüdiger Fuchs zu CONCORDITER, was sowohl vom Platz als auch vom Metrum möglich wäre. Schwierigkeiten bereiten allerdings die Buchstabenreste am Schluß, da sie eher zu N als zu R passen. Es ist fraglich, inwieweit sie original sind oder einer Überarbeitung entstammen.
  10. Sic! Für griech. (in Umschrift) ELOY von ELOS, frdl. Hinweis Dr. Sebastian Scholz.

Anmerkungen

  1. Zaun, Kiedrich 121.
  2. Ebd. 54, 157; vgl. auch Staab, Schultheißen 15f. m. Abb. 9 (teilw.).

Nachweise

  1. Zaun, Kiedrich 121.
  2. Staab, Poetische Inschriften 34f.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 501 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0050109.