Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 471(†) Idstein, Unionskirche 1568

Beschreibung

Grabplatte des Grafen Balthasar von Nassau-Wiesbaden-Idstein, in Abbildung von Dors überliefert, bis auf zwei Fragmente weitgehend zerstört. Erhalten blieben das Teilstück mit dem rechten Fuß, dem liegenden Helm und dem Wappen sowie das Fragment des linken Fußes mit Löwen und Wappen. 1961 verband man diese Einzelteile mit dem Grabplattenfragment von Balthasars Sohn Johann Ludwig I. (Nr. 515) zu einem willkürlich gestalteten, neuen Gesamtdenkmal. Ein neuer Rahmen wurde um die Einzelteile gesetzt, der vorhandene Altbestand überarbeitet und ausgebessert. Der heutige Standort ist die Westwand des nördlichen Korridors zum Reiterchörlein. Die ursprünglich unter einem Holzdeckel verborgene, originale Steinplatte deckte den Grabplatz des Grafen Balthasar, nach Dors im Chor „uf der rechten Seiten nechst [dem] Altar“. Es handelte sich um eine hochrechteckige Steinplatte mit dem Flachrelief des gerüsteten Grafen im Gebetsgestus in einer von Pilastern gerahmten Muschelädikula. Auf den vier Ecken Ahnenwappen, auf dem Plattenrand umlaufende Grabinschrift.

Erg. nach Dors.

Maße: H. 187, B. unten 103, oben 96, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto-Repro - [1/1]

  1. [ANNO · D(OMI)NI · 1568 DEN / XI · IANVARI · STARB · DER · WOLGEBORN · BALTASAR ·GRAVE · ZV] NASSAV / HERR · ZV · WI[E]SBADENa) · VND / ZV · ITZ[STEIN · DER · SEELEN · WOL · GOT · EIN · SELIG · VFFERSTEHVNG · GEBEN ·]

Wappen:
Nassau-Wiesbaden-Idstein, Hanau-Lichtenberg; Bergen, Humbercourt.1)

Kommentar

Graf Balthasar war eine in der nassauischen Landesgeschichte umstrittene Persönlichkeit. 1520 als zweiter Sohn Philipps I. (des „Altherrn“) und der Adriana von Bergen (Nrr. 448-450) geboren, trat er mit 15 Jahren in den Deutschen Orden ein. Als Komtur von Horneck wird er 1543 genannt, als Komtur von Karpfenburg und Ellingen (Franken) 1544.2) Erst nach dem Tode des ältesten Bruders Adolf verließ Balthasar auf Veranlassung seines Bruders Philipp 1556 den Orden und konvertierte.3) Angesichts der geschilderten konfessionellen Vergangenheit entstand später ein zwiespältiges Bild der religiösen Gesinnung des Regenten.4) Er heiratete am 6. September 1564 die zweiundzwanzigjährige Margaretha, Tochter des evangelischen Grafen Reinhard von Isenburg-Büdingen.5) Anläßlich dieser Verbindung räumte ihm sein Bruder die Herrschaft Idstein erblich ein. Der Ehe entstammte der am 15. April 1567 geborene Sohn Johann Ludwig I. (Nrr. 515, 516). Als Bauherr gab Graf Balthasar die Erneuerung einiger Burgen und Gebäude in Stadt und Land, die Errichtung der Auffahrt zum Schloß6) und den Ausbau des Schloßgartens7) in Auftrag. Sein Epitaph (folgende Nr.) ist verloren.

Textkritischer Apparat

  1. Nach I eine überputzte Bruchstelle.

Anmerkungen

  1. Heute sind nur die beiden unteren Wappen Johann Ludwigs sichtbar, vgl. Nr. 515.
  2. Nach Ziemer, Ehrenrettung 109 Anm. 24 mit Hinweis auf Johann Voigt, Geschichte des Deutschen Ritter-Ordens II. Berlin 1859, 673.
  3. Daß die Konfessionsproblematik in den Deutschen Orden Einzug hielt und sogar zu einer Mehrkonfessionalität seiner Mitglieder führte, zeigten Udo Arnold und Bernhard Demel, Der Deutsche Orden 1525 bis 1809. In: 800 Jahre Deutscher Orden. Katalog der Ausstellung des German. Nationalmus. München 1990, 139-143.
  4. Hierzu ausführlich Ziemer, Ehrenrettung, passim. Johannes Mechtel, Dechant zu Limburg und Verfasser der Limburger Chronik, und nach ihm andere katholische Autoren sahen den Grafen als eifrigen Lutheraner, während evangelische Geschichtsschreiber ihn zu einem Katholiken stempelten.
  5. So Hagelgans, zit. nach Ziemer, Ehrenrettung 97.
  6. Erwähnt bei Ziemer, ebd. 108f. Die Initialen des Grafen sind auf zwei Steinen von 1565 und 1566 erhalten, s. Nr. 295.
  7. Hierzu vgl. Einleitung LXXXI m. Anm. 602.

Nachweise

  1. Dors, Genealogia 165 Nr. 35 mit Abb. 63, 176 Abb. 70a (moderne Kombination).
  2. Hagelgans 40f. CXVII.
  3. St. George 83.
  4. Kremer, Origines II, 468 LI.
  5. Roth, Nass. Epitaphienbuch 561 Nr. T.
  6. Ziemer, Ehrenrettung 98 Abb. 1.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 471(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0047102.