Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 392 Kiedrich, Michaelskapelle nach 1505-1522?

Schriftart(en): Gotische Minuskel; deren Versalien bei Initialen, jeweils erhaben.

Beschreibung

Epitaph des Altaristen Peter Battenberg, auf eigenen Wunsch beim Grab seiner Eltern beigesetzt.1) Es handelt sich also um sein Epitaph, das im Obergeschoß der Kapelle im Boden vor den Stufen des Triumphbogens2) lag, 1857 erhoben und aufrecht in die Südwand eingelassen wurde. Schmale Platte aus gelbem Sandstein mit dem schlicht ausgeführten Flachrelief des barhäuptigen Geistlichen im Ornat, die Manipel über dem Unterarm, Hände in Gebetshaltung. Einfacher Architekturrahmen aus Kielbogen und kleinen Fialen. Auf der Randleiste umlaufende, erhaben gearbeitete Inschrift; zu Füßen der Figur links ein Wappenschild mit Initialen, rechts ein weiteres mit zwei Buchstaben. Relief teilweise abgetreten.

Maße: H. 181, B. 84,5, Bu. 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel; gotische Majuskel bei Initialen.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. Insta p(ro) petro batte(n)borg / clare mihael ·Te duce p(er) cineres sp(irit)us astra petata) /hae monume(n)ta lege(n)s / [in]sta (et) tu chare viatorb) ·Q(u)oc) misere favea(n)t nu(m)i(n)ad) sac(ra) a(n)i(m)e

Übersetzung:

Tritt ein für Peter Battenberg, erhabener Michael. Unter deiner Führung möge sein Geist durch die Asche den Himmel erreichen. Teurer Wanderer, der du dieses Monument liest, auch du bitte, daß der heilige Gott der unglücklichen Seele gnädig sei.

Versmaß: Zwei Distichen.

Wappen:
Battenberg (eine offene Schere, darüber P(ETER), darunter B(ATTENBERG); Schild mit pl(ebanus)e) in großen, erhabenen Minuskeln).

Kommentar

Die erhaben gearbeiteten Buchstaben wirken breitflächig und weisen als Besonderheit das zweistöckige, geschlossene a auf. Als Verstrennpunkte werden Quadrangel verwendet; Versalien kennzeichnen mit einer Ausnahme den Beginn eines jeden Verses.

Sowohl der formelhafte Gebrauch von astra petat als auch die Umschreibung numina sacra für Gott sind zeittypisch, anders die ungewöhnliche Formulierung per cineres. Autor der Grabinschrift war Battenberg selbst: „cum epitaphio, quod composui“, schrieb er 1505 in das Hausbuch seines Vaters Henne.3) Damit ist der terminus post quem der Inschrift festzumachen, zumal weder in den weiteren Einträgen des Hausbuches noch in den Testamentsentwürfen nochmals die Rede von der Inschrift bzw. dem Grabdenkmal ist. Freilich ist aus diesem Eintrag, der den Herstellungszeitpunkt ungenannt läßt, eine unmittelbar zeitgleiche Umsetzung des Textes in Stein nicht zwingend zu folgern. Da er bei seinen Eltern an einer nicht mehr bekannten Stelle bestattet wurde, wäre weiterhin die Existenz einer Grabplatte oder einer Tafel mit den Sterbedaten denkbar.

Peter Battenberg, 1449 geboren, wurde zunächst auf die Geisenheimer Schule geschickt und danach beim Eltviller Glöckner verdingt.4) Seit dem 5. August 1484 urkundlich als Kiedricher Altarist genannt, versah er den dortigen Michaelsaltar von 1475 bis sicher 1516 und machte sich vor allem um die Ausschmückung der Kapelle verdient. Zudem war der belesene, über eine umfangreiche Bibliothek5) verfügende Battenberg höchstwahrscheinlich an der Anfertigung des Korbes der Doppelleuchtermadonna (Nr. 361) beteiligt6) und ist mehrfach mit Stiftungen nachgewiesen. Die Vorsorge für den eigenen Tod nahm besonderen Raum in seinem Leben ein: Nach dem erwähnten ersten Testamentsentwurf von 1505 sind weitere Fassungen aus den Jahren 1506, 1508, 1511-13 bekannt; 1515 und schließlich 1516 wurde sein letzter Wille endgültig festgelegt.7) Sein Begräbnis regelte er bis ins Detail.8) Da Battenbergs Todesjahr unbekannt ist und jede Eintragung eines Jahrgedächtnisses im Kiedricher Seelbuch fehlt, kann man seinen Tod nur annähernd bestimmen: Battenberg ist möglicherweise 1516,9) sicher aber vor dem 17. Juli 1522 gestorben, da sein unmittelbarer Amtsnachfolger Philipp Vallensis dann seinen Dienst als Altarist antrat.10)

Textkritischer Apparat

  1. Falsch überliefert bei Zaun und nach ihm Roth te ducet penetret spiritus animarum piarum sedes.
  2. r klein und hochgestellt.
  3. o klein und hochgestellt.
  4. Auflösungsvorschlag Staab.
  5. Staab sieht hier nochmal das Monogramm. l ist deutlich zu sehen, so daß das von ihm vorgeschlagene b (für b(attenberg)) auszuschließen ist. Außerdem kann man in dem Ring rechts den Rest der Kürzung für us erkennen.

Anmerkungen

  1. Staab, Michaelskapelle 72 mit diesem Bestattungsort; Zaun, Michaelskapelle 121 hatte die Kapelle als Begräbnisort angegeben.
  2. Den vom Bestattungsort abweichenden Standort hatte er selbst bestimmt, vgl. Hausbuch fol. 60r (nach Staab ebd. 73): „Item ponatur lapis decens ante altaris arcum superius in memoriam successorum cum epitaphio quod composui, quod invenies“.
  3. Staab, Michaelskapelle 72f. m. Abb. 11; ebd. 53, 67ff. zum 1435 angelegten und von folgenden Altaristen bis 1670 weitergeführten Hausbuch.
  4. Da das dortige Glöckneramt mit der 1312 gestifteten Frühmesse zusammenhing, dürfte er dort eine weitere Ausbildung erhalten haben.
  5. Staab, Bibliotheken 87-98 zu dieser.
  6. Staab, Michaelskapelle 70: Zu Pfingsten 1512 wurden Battenberg zwei Pfund Blei von dem als Meister des Korbleuchters der Großen Madonna (Nr. 361) nachgewiesenen Clesgen Spengler in Rechnung gestellt.
  7. Staab, Michaelskapelle 71ff. mit näheren Angaben.
  8. Ebd. 72f. 1516 vermachte Battenberg dem Johannisaltar in der Pfarrkirche die Hälfte seines Vermögens, der andere Teil wurde dem Michaelsaltar zugeschlagen, so Zaun, Kiedrich 101.
  9. Notiz am Ende des Manuals, das Battenberg als sein Testament bezeichnete; allerdings muß daraus nicht das Todesjahr gefolgert werden, vgl. Staab, Michaelskapelle 69 m. Anm.
  10. Staab, Michaelskapelle 76-78 zu Vallensis, der als Kiedricher Altarist schon zwischen 1508 und 1513 nachgewiesen ist; er war Zeuge in Battenbergs Testament von 1515, zudem Testamentsvollstrecker und wurde zum angegebenen Tag dessen Nachfolger am Michaelsaltar. Battenberg mit sicherem Todesjahr 1522 genannt bei Staab, Bibliotheken 87.

Nachweise

  1. Zaun, Michaelskapelle 121.
  2. Roth, Geschichtsquellen III 252.
  3. Staab, Michaelskapelle 75.
  4. Staab, Poetische Inschriften 36.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 392 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0039208.