Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 376 Eberbach, Klosterkirche 1518

Neuer Standort: Das Epitaph befindet sich aktuell in der westlichsten Südkapelle der Klosterkirche. Es ist aufgestellt an der Ostwand.

Beschreibung

Epitaph für Adam von Allendorf und seine Ehefrau, deren Grabstätte ursprünglich vor dem Annenaltar lag. Heute befindet sich das Grabdenkmal an der Ostwand der Margarethenkapelle (Plan K Nr. 44). Dreiteiliger, ädikulaähnlicher Aufbau: Sockel mit ehemals zweizeiliger Grabinschrift, von der heute nur noch die zweite Zeile erhalten ist, und zwei Wappen. In der Mittelzone kniet das einander zugewandte Stifterehepaar als Adoranten auf einer Standplatte, darüber das Relief der Anna Selbdritt mit Maria und Jesusknaben in strahlenbesetzter Mondsichel. Im oberen Bereich des Epitaphs von Pilastern bestützter Kielbogenbaldachin aus gegenläufigen Schlitzbandrankenvoluten; in den oberen Zwickeln zwei weitere, schräggestellte Wappenschilde.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 224, B. 116, Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. ANNO [DOMINI M D XVIII OFF DEN XXVIII TAG MARTII] STARBa) / DER · EREN · VEST · ADAM · VO(N) · ALLE(N)DORF · DE(M) · GOT · GNAD ·

Wappen:
Allendorf, Wolf von Sponheim; Specht von Bubenheim, Buches von Staden.

Kommentar

Die Inschrift zeigt eine an klassischen Vorbildern orientierte Kapitalis. Das M besitzt gerade Schäfte und einen bis zur Grundlinie reichenden Mittelteil, das R eine stachelartige konkave Cauda. Kleine Dreiecke und vereinzelte Quadrangel dienen als Worttrenner. Das große Schriftfeld war offenbar für die Grabinschriften des Ehepaares konzipiert; diejenige der später verstorbenen Ehefrau wurde nicht nachgetragen.

Das Epitaph dürfte mit Lühmann-Schmid dem Schaffen des Meisters P S (Peter Schro) zuzuordnen und nicht allzu lange Zeit nach dem Tod Allendorfs entstanden sein.1) Die Wahl der hl. Anna Selbdritt in dem ikonographisch ungewöhnlich umgesetzten Bildmotiv der Heiligen in der Gloriole mag Ausdruck des persönlichen Gestaltungswillens der Auftraggeber(in?) vor dem Hintergrund der in vorreformatorischer Zeit weit verbreiteten Verehrung der hl. Anna2) sein. Hinzu kommt die aus humanistischem Gedankengut stammende Glorifizierung der Familie. In Eberbach besaß die Annenverehrung zudem Tradition, da ein Anna-Altar in den Kapellen des Südseitenschiffes der Kirche sowie eine Fingerreliquie der Heiligen vorhanden waren.3)

Adam von Allendorf4) wurde als Sohn Krafts von Allendorf und der Elisabeth Wolf von Sponheim (Nr. 262) vor 1475 geboren. 1501 heiratete er Maria, Tochter von Diether Specht von Bubenheim und Katherina Buches von Staden.

Textkritischer Apparat

  1. Buchstaben trotz Abarbeitung erkennbar.

Anmerkungen

  1. Datierungsvorschlag Lühmann-Schmid 1, 21, die das Werk als „im Sinne des Zeitstils fortschrittlicher“ als den datierten Eltviller Taufstein (Nr. 373) bezeichnete. Goeltzer ließ in seiner Dissertation über Hans Backoffen das Werk unerwähnt.
  2. Vgl. aus der Fülle der Literatur vor allem die Untersuchungen von Angelika Dörfler-Dierken, vgl. auch dies. Annenkult und humanistische Hagiographie. In: Humanismus und Theologie in der frühen Neuzeit. Hrsg. v. H. Kerner. Pirckheimer Jb. Jg. 1993, 57-89.
  3. Zu den Altären vgl. Rossel, Kirche 29 nach der Überlieferung Helwichs, ebd. 30 nach der Altarliste des Eberbacher Priors Philipp Hofheim von 1631; die Anna-Reliquie ist erwähnt in der Eberbacher Reliquienliste von 1502, veröff. ebd. 20.
  4. Gensicke, Allendorf 214 Nr. 35.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 162.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 82.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 2.
  4. Würdtwein, Epitaphienbuch 237.
  5. Roth, Geschichtsquellen III 260.
  6. Kdm. 81f. Nr. 14.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 376 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0037606.