Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 279† Mainz-Kostheim, Kath. Pfarrkirche St. Kilian (aus Kloster Gronau) 1490
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Namensansage, Meister- und Herstellungsinschrift sowie Gußjahr auf Glocke. Sie wurde nach Abbruch der Gronauer Klosterkirche im Jahre 1828/29 um 1836 von dem Frankfurter Bürger Joseph Anton Bartarelli erworben und der Kostheimer St. Kilians-Gemeinde geschenkt, 1893 an die Kostheimer Friedhofsverwaltung abgegeben und im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen.1) Näheres zu Art und Gestaltung der Glocke nicht bekannt. Gewicht 64 kg. Schrift wohl gotische Minuskel.
Nach Köster.
Maße: Dm. ca. 50 cm.
+ bastianes · haisan · ich ·clas · fon · enen · gos · mich ·m cccclxxxxa)
Versmaß: Deutscher Reimvers.
Textkritischer Apparat
- In der Chronik zum 50. Kirchweihfest der Kostheimer Kilians-Kirche gab Pfarrer Franz Josef Kempf die von ihm verlesene Jahreszahl 1439 an.
Anmerkungen
- Vgl. ausführlich Kurt Köster, Die Schicksale einer alten Kostheimer Glocke (gegossen 1490 von Clas von Enen). In: Glaube u. Leben. Kath. Kirchenbl. f. d. Btm. Mainz 8 (1952) 320.
- Renard 63 mit 18 Beispielen (darunter die Laubenheimer Glocke von 1491, nicht aber die Kostheimer) zu Enen; zum Werk vgl. Poettgen, Trierer Glockengießer 87-95.
- Grundsätzlich zur Unterscheidung Poettgen, ebd.; zum Werk der Gießer s. auch zukünftig DI Stadt Trier zu der sog. Lumpenglocke in St. Gangolf zu Trier von 1475, allerdings mit abweichender lateinischer Reiminschrift.
- DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 175.
- Vgl. Poettgen (wie Anm. 2).
Nachweise
- Kempf, Chronik o.S.
- Köster, Kostheim 320.
- Köster, Gronauer Pestblatt 228.
- Köster, Alte Glocken 52.
Addenda & Corrigenda (Stand: 29. September 2021):
Nachweise: [Franz Josef] Kempf: Pfarrkirche und Pfarrei Kostheim 1886. Zur Erinnerung an die 50jährige Einweihung der ersteren. Typoskript o. O. o. J, S. 3 (zu 1439 aus MCCCC IXXXX). – Kurt Köster: Ein Gronauer Pestblatt von 1508. Studien zur Geschichte der Sebastiansreliquie aus dem Kloster Gronau und ihrer Verehrung. In: Nass. Ann. 71 (1960) 224-234, hier S. 228.
Hinweis: Kempf bestätigt die vermutete Schriftart, indem er sie als „gothische [sic!] Kleinschrift“ bezeichnet, verlas das Gussjahr aber zu 1439 (ixxxx).
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 279† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0027906.
Kommentar
Die Glocke mit dem Namen des Gronauer Kirchenpatrons, des hl. Sebastian, wurde von dem Trierer Gießer Nikolaus (Clas) von (van) Enen gegossen, dessen Wirken hauptsächlich im Raum zwischen Trier und Koblenz dokumentiert ist.2) Schon früh wurde Clas von Enen als identisch mit dem zeitgleich tätigen und aus derselben Gegend stammenden Gießer Nikolaus von Echternach angesehen, doch ergibt sich aus jüngsten Untersuchungen, daß zwei Meister zu unterscheiden sind: Clas von Enen mit der Arbeitsperiode 1461-1496 und Clas von Echternach von 1471-1499.3) Zu Beginn ihrer Tätigkeit verwendeten beide Gießer einen neuen, volkssprachlichen Text, meist auch den Wetterbann. Doch fehlt der Gronauer Glocke wie auch der verwandten, vielleicht aus Kloster Ravengiersburg im Hunsrück stammenden, heute in der Ev. Kirche zu Laubenheim hängenden Marienglocke von 14914) die sonst gebrauchte, apotropäische Wetterformel. Sowohl der deutschsprachige Reimvers in Verknüpfung mit dem bei allen Glocken des Clas von Enen in römischen Ziffern an den Gußvermerk angeschlossenen Gußjahr als auch die schlanken Buchstabenformen weisen darauf hin, daß Enen in der Nachfolge des Tilman von Hachenburg stand.5)