Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 222 Kiedrich, Michaelskapelle, Karner 1462

Beschreibung

Grabplatte des Thiel von dem Wald, in den Fußboden des Karneruntergeschosses der Kapelle eingelassen. Schmale, leicht trapezförmige Rotsandsteinplatte mit der Hausmarke des Verstorbenen im Feld oben und auf dem Rand zwischen Linien umlaufender Grabinschrift (A); im Feld von unten zur Mitte hin eine kollektive Fürbitte (B).

Maße: H. 213, B. 57-76, Bu. 6-8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. A

    + Naich · crist · geburt · / m · cccc · vnd · lxii · iare · vff · den · dritten · dag · naich · sent · Michelsa) · dage · ist · gestor/ben · vnd · alher · be/graben der · ersame · Thiel · von · deme · walde · deme · got · gnedig · wolle · syn· Amen ·

  2. B

    Fideliu(m) · anime · requiesca(n)t · [in pace]b) Amenc) ·

Datum: 1. Oktober 1462.

Wappen:
Hausmarke:
von dem Wald (?) (eine offene Schere, darüber Ring und Pfeil).

Kommentar

Die Grabplatte zeigt eine sehr eng gedrängte, schlanke Minuskelschrift mit mehreren Ligaturen. Auffällig sind die eigenwillig ausgebildeten Versalien A, F und T, deren Vorbilder in der Schreib- und Druckschrift des 15. Jahrhunderts zu suchen sind. Als Worttrenner dienen kleine, teilweise mit senkrecht ausgezogenen Zierstrichen versehene Quadrangel. Der Duktus der Inschrift ähnelt zwar der zeitnahen Platte für den Altaristen Peter aus Wallau und seine Mutter (Nr. 226), doch fehlen dort bis auf das A von Anno die Versalien. In einzelnen Buchstaben zeigen sich gleichfalls Unterschiede, etwa bei a, d und w.

Man hielt den biografisch nicht näher identifizierbaren Verstorbenen zu Unrecht für den Stifter der Orgel in der Pfarrkirche.1)

Textkritischer Apparat

  1. Auffällig deutlich gehauenes Schluß-s.
  2. Erg. nach Zaun, Michaelskapelle 121. Heute an dieser Fehlstelle ein unbeschriftetes Steinstück eingeflickt.
  3. Linke Haste und Mittelbalken des Großbuchstabens zerstört.

Anmerkungen

  1. So die Vermutung eines Gewerbelehrers in seinem Brief vom 7. Mai 1933 aufgrund des Wappens mit der halben Schere und einem Mauerhaken, das über der Orgel aufgemalt ist, vgl. Jakob, Orgel 10 mit Anm. 8 und 115. Dieses Wappen gehört aber wohl zu dem Kirchenbaumeister Vitterhen, so daß die Zuschreibung nicht mehr haltbar ist, zumal die Orgel erst nach dem Schluß des Gewölbes 1490 dort eingebaut worden sein kann, vgl. Jakob, Orgel 11 und Staab, Michaelskapelle 83 mit Anm. 206.

Nachweise

  1. Zaun, Michaelskapelle 121.
  2. Roth, Geschichtsquellen III 252.
  3. Staab, Michaelskapelle 82f.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 222 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0022203.