Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 208 Rüdesheim, Kath. Pfarrkirche St. Jakob 1450? oder kurz danach

Beschreibung

Grabplatte eines Ritters Stoltz von Böckelheim, der vor dem Katharinenaltar bestattet lag;1) heute ist der Stein an der nördlichen Seitenschiffswand aufrecht angebracht. Hochrechteckige Platte aus rotem Sandstein mit viereckig trapezoidem oberem Abschluß. Halbreliefierte Figur des gerüsteten Verstorbenen im Gebetsgestus. Oberhalb der linken Schulter das Vollwappen des Verstorbenen; ein weiterer Wappenschild ist neben der rechten Hüfte der Figur aufgelegt. Alle ehemals auf den vier Plattenecken sitzenden Wappen, von denen Helwich nur das linke untere und das rechte obere beschrieb, das rechte untere jedoch nicht mehr erschließen konnte, sind heute zerstört. Die Unterschenkel der Figur und die Schwertspitze sind abgeschlagen; zu Häupten der Figur ist die Plattenoberfläche grob abgespitzt. Auf dem Plattenrand zwischen Linien umlaufende Grabinschrift mit Verlusten, im rechten unteren Eck vollständig zerstört.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 210, B. 112, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. anno ·a) domini + +b) / moc) + cccco · lo + 〈...〉 obiit · [no... / ...]d) · sto[ltz]e) / de · beckelnhey(m)f) · cuius · anima · requiescat · i(n) · pace

Wappen:
Stoltz von Böckelheim; Stoltz von Böckelheim; Kreis von Saulheim1); ? (ein gesenkter Flügel)1); ?2)

Kommentar

Die Schrift ist ungelenk, wie auch das Grabbild grob und handwerklich erscheint. Worttrenner sind teilweise mit senkrecht ausgezogenen Zierstrichen versehene Quadrangel. In der Datumszeile rechts oben fallen zwei nebeneinanderstehende (Weihe?-)Kreuze und zwei als Worttrenner verwendete kleinere Kreuze auf. An der freigelassenen Stelle nach der Jahresangabe sind eigentlich Sterbemonat und -tag zu erwarten. Dies deutet auf eine Anfertigung der Grabplatte zu Lebzeiten des Verstorbenen hin. Nach seinem Tode wurde das Sterbedatum nicht mehr in die freie Stelle eingefügt. Helwich zeigte diesen Sachverhalt nicht an. Daher ist eine Entstehung der Platte 1450 oder kurz danach anzunehmen. Die in Gaubickelheim ansässige3) Familie des Verstorbenen, der in den Kunstdenkmalinventaren ungenau nur als Herr „von Beckelheim“4) oder „de Breckenehe“5) bezeichnet wird, tritt 1239 mit einem Werner von Bickelheim erstmals urkundlich entgegen.6) Der 1439 verstorbene und in Partenheim bestattete Eberhard Stoltz von Böckelheim7) könnte ein Sohn des Verstorbenen gewesen sein; auch der 1464 urkundlich genannte Ritter Eberhard Stoltz von Böckelheim war wohl ein näherer Verwandter (Enkel?) des Toten.8) In der Rüdesheimer Pfarrkirche befanden sich Helwich zufolge noch drei inschriftlose Totenschilde der Stoltz von Böckelheim.

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner nicht mehr eindeutig zu erkennen, vielleicht ein kleines Kreuz.
  2. Hiernach eine abgeschlagene Stelle.
  3. Wohl überarbeitet: Letzte Haste des m unter Grundlinie verlängert, zweimal obere Buchstabenbrechungen nach rechts statt nach links.
  4. Am Wortanfang no erkennbar, kaum für nobilis. Helwich hat an dieser Stelle den Namen Philippus.
  5. Hastenreste und o erkennbar.
  6. Helwich Bickelnheim.

Anmerkungen

  1. Nach Helwich.
  2. Helwich: leer.
  3. Kratz, Rüdesheim 93 zufolge trug die Familie in rotem Feld drei goldene Bickel (Pickel), die Gemeinde dagegen in goldenem Feld drei rote Bickel.
  4. Kdm. 332 Nr. 2.
  5. Lotz (1880) 385; Luthmer (1907) 20; Dehio Hessen (1984) 761, jeweils ohne Inschriftenzitat.
  6. Kratz, Rüdesheim 93.
  7. Vgl. zu dessen Grabinschrift Helwich, Syntagma 84.
  8. Gruber 19 mit Wappenbild.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 290.
  2. Zaun, Landkapitel 284.
  3. Roth, Geschichtsquellen III 297.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 208 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0020807.