Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 171 Mainz, Dom- und Diözesanmuseum (aus Kloster Johannisberg) 1417
Beschreibung
Stifterinschrift auf Meßkelch mit zugehöriger Patene; Silber, vergoldet. Nach 1803 gelangte der Kelch wohl aus dem Mainzer St. Jakobskloster in den Domschatz. Achteckiger profilierter Fuß mit Stifterinschrift (A) auf von außen zu lesendem, graviertem Spruchband, Inschrift erhaben auf punziertem Hintergrund. Zum Schaft hin neben einer Kreuzigungsgruppe sieben kleinformatige Begleitfiguren aufgelegt (links kniender Stifter in Adoration, daneben ein Apostel (Paulus?), hl. Petrus mit Schlüssel, Diakon mit Buch, Wappen des Stifters, rechts vom Kreuz hl. Abt Benedikt, hl. Nikolaus, weibliche? Heilige). Der Nodus aus Fischblasen und acht rhombenförmigen Knäufen in blauem Email zeigt je einen in Gold erhabenen Buchstaben auf punziertem Grund mit dem Beginn des Engelsgrußes (B). Darüber kegelförmige Kuppa; Patene mit eingetieftem Sechspaß.
Maße: H. 20,5, Dm. Fuß 18, Bu. 1,7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
anno · d(omi)ni · / mo · cccco · / xviio · / abbas · / hilgard(us)a) · / d(e) · wald(er)the(im) / fec(it) · calic(em) / ∙b)
- B
ave maria1)
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1417 ließ Abt Hilgard von Wallertheim diesen Kelch machen (A). – Gegrüßt seist du Maria (B).
Wallertheim. |
Textkritischer Apparat
- Habel hilgrandus.
- Florales Schmuckelement am Schluß.
Anmerkungen
- Vgl. Lc. 1,28.
- Zu seiner Person s. Struck, Johannisberg 22-24 und Nr. 173.
- Ebd. 24.
- Chronist in Schannat, Vindemiae I 157; ed. Roth, Geschichtsquellen III 94.
- StAMz. 13/221: Historia Coenobii Sancti Jacobi (...) per Patrem Panthaleonem Rupprecht Mogonum (..) collecta (...) 1780 descripta, 334.
- DI 2 (Mainz) Nr. 92.
- Struck, Johannisberg 56.
- Horn starb am 25. Juli 1567 in St. Jakob und wurde dort im Kreuzgang bestattet, vgl. ebd. 57.
Nachweise
- Habel in Bär, Eberbach I 102 Anm.
- DI 2 (Mainz) Nr. 92.
- Christian Gündel, Der Mainzer Domschatz. Mainz 1962, 11 Nr. 4.
- 1000 Jahre Mainzer Dom 309 Nr. 113.
- Struck, Johannisberg 24.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 171 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0017104.
Kommentar
Die plastisch herausgearbeiteten Minuskelbuchstaben zeigen lang auslaufende Zierstriche, die am Ende teilweise mit Perlen versehen sind. Als Worttrenner dienen an den Spitzen oben und unten ausgezogene Quadrangel.
Abt Hilgard (Hilger, Hildeger) von Wallertheim folgte dem Ende 1394 oder Anfang 1395 verstorbenen Abt Hermann von Heimbach2) im Amt. Kloster Johannisberg befand sich zu dieser Zeit in einer tiefen Krise; der Konvent bestand vermutlich nur aus dem Abt, dem Kustos und einem Konventualen.3) Trotzdem ließ der neue Abt zwei kostbare Kelche anfertigen und mit seinem Wappen versehen; dies war noch dem Chronisten des 16. Jahrhunderts bekannt.4) In der „Historia Coenobii Sancti Jacobi“ zu Mainz aus der Feder des dortigen Paters Panthaleon Rupprecht von 17805) wird hingegen ein Kelch erwähnt, der das – in der Übertragung Rupprechts leicht abgeänderte – Wappen Wallertheims und die Inschrift Anno domini 1417 (abbas) Hilgardus de Waldeckhen [sic!] Ritter-raht in gotischen Lettern getragen habe und der vom Jakobsberger Abt täglich benutzt worden sei. Arens bezog diese Nachricht auf den Kelch im Domschatz und nahm deshalb eine Stiftung Abt Hilgards an das Mainzer Jakobskloster an.6) Dies wird durch Rupprechts Bericht nicht gestützt. Vielmehr ist die Lösung in einer Harmonisierung der beiden Bezeugungen des Kelches im 16. und 18. Jahrhundert zu suchen. Es ist davon auszugehen, daß der Kelch zwischenzeitlich von Johannisberg nach St. Jakob gelangte, nämlich wohl nach der Aufhebung Johannisbergs, mit deren Ausführung die Äbte von St. Jakob und Maria Laach 1563 beauftragt waren.7) Der letzte Johannisberger Abt Valentin Horn8) wurde nach St. Jakob bei Mainz versetzt.