Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 168 Eberbach, Klosterkirche (aus Kapitelsaal) 1407

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Nordseitenschiff der Klosterkirche. Sie ist aufgestellt im vierten Joch von Osten als rechter von drei Steinen.

Beschreibung

Grabplatte des Eberbacher Abtes Nikolaus II., ursprünglich im Kapitelsaal, seit 1936 im Boden des Südseitenschiffes der Kirche (Plan Äbte Nr. 4). Grabplatte aus rotem Tigersandstein. Im spitzbogig eingetieften Bildfeld die Ganzfigur des Abtes im Ordensgewand mit Buch und Stab in Ritzzeichnung, lediglich der Kopf-, Schulter- und Handbereich der Figur leicht reliefiert. Unter den erhaltenen Abtsgrabplatten tritt hier erstmalig eine Architekturrahmung der Figur in Form eines krabbenbesetzten Kielbogens mit Kreuzblume und seitlicher Fialenanordnung entgegen; auf dem Rand der Platte läuft die Grabinschrift zwischen Linien um. Beschädigung der Randzone rechts mit weitgehender Beeinträchtigung der Inschrift, Plattenrand teilweise ausgebrochen und bestoßen.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 219, B. 98,5, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/1]

  1. + Anno · d(omi)ni · millesimo · cccco · / septimo · iiio · nonas · noue(m)b[ris obiit] ve[nera]bilisa) [pat]er · d(omi)n(u)s · / Nicolausb) · Abbas monaste/rii · Eberbacensis · xvi(us) · cui(us) · anima · requiescat · in · pace · amen

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1407, am 3. Tag vor den Nonen des November (3. November) starb der ehrwürdige Vater, Herr Nikolaus, 16. Abt des Klosters Eberbach, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen.

Kommentar

Das Grabbild reiht sich ein in die stereotype Wiedergabe des stehenden Abtes mit den Insignien Stab und Buch, wie sie bis zur Barockzeit in Eberbach weitgehend unverändert beibehalten wurde.1) Der Text kennzeichnet die Reihenfolge des Abtes mit der Zahl 16, basierend auf der erstmaligen Amtszählung bei Abt Konrad (Nr. 104), die den älteren Konventslisten entsprach.2) Die Buchstaben sind dicht gedrängt und weisen noch einige sehr unterschiedliche Versalien zur Kennzeichnung des Satzanfanges sowie zur Hervorhebung der Funktion des Verstorbenen (Abbas), seines Namens und der Institution (Eberbacensis) auf. Das A in Abbas und das E stammen aus gebrauchsschriftlichen Versalienalphabeten, das N ist als spiegelverkehrte gotische Majuskel gebildet.

Über die Herkunft und Lebensumstände des Verstorbenen ist nicht viel bekannt. Abt Nikolaus entstammte einer bürgerlichen Familie aus Boppard am Rhein. Er wurde nach dem Tode des gelehrten Abtes Jakob (Nr. 135) vom Konvent zum Nachfolger gewählt und amtierte bis zu seinem Tode.

Nur aus einer Nachzeichnung Habels ist ein Blech- oder Zinktäfelchen mit der Aufschrift Nicolaus / Boppardiensis / Abbas XVI bekannt geworden.3) Da Habel die Abtsgrablege nach der ersten Aufhebung aus dem Kapitelsaal sah, seine Zeichnung moderne Buchstabenformen im Namen Nicolaus nachempfindet und Regierungszeit bzw. falsches Todesdatum in arabischen Ziffern geschrieben sind, muß es sich bei dem Täfelchen um eine nicht zeitgenössische Schöpfung gehandelt haben.

Textkritischer Apparat

  1. Nur wenige Hasten erkennbar.
  2. Rundes N, spiegelverkehrt. Helwich ergänzte hier Bopardiensis, obwohl dieser Zusatz nicht auf dem Stein steht.

Anmerkungen

  1. Vgl. die Typologie bei Monsees, Entwicklung passim.
  2. Vgl. Roth, Geschichtsquellen III 87f.
  3. Nachlaß Habel fol. 9, dort Amtszeit und Todestag wohl von Habel zugesetzt.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 177.
  2. Catalogus fol. 21v; ed. Roth, Geschichtsquellen III 109; IV 111.
  3. Roth, Geschichtsquellen III 268.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 168 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0016803.