Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 142 Bleidenstadt, Kath. Pfarrkirche St. Ferrutius 1399?

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Meisterinschrift, Evangelistennamen und Namensansage auf der größten Glocke des Geläutes. Kaum lesbare, zweizeilige Umschrift auf der Schulter zwischen je einem Rundsteg. Auf der Flanke ein Kruzifix und ein senkrecht stehendes Flechtbandmuster. Gußfehler im Schriftbereich, Beschädigungen an der Schärfe. Gewicht ca. 1000 kg, Schlagton a‘.1)

Erg. nach Luthmer.

Maße: H. m. Krone ca. 103, Dm. 105, Bu. ca. 2,8 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/2]

  1. HERBORT · KELNER · VON · DIRN · DAT · M[A]C[HIN] · MICH ·IXo · IXo,a) · / + MATHEVSb) · MARCVSc) · LVCAS · IOHANNES ·· MARIA · HE[I]ZEN · ICH ·

Versmaß: Deutscher Reimvers.

Kommentar

Die Buchstaben, wiewohl schon beim Guß stark zerdrückt und beschädigt, zeigen eine Majuskel mit stark gekrümmten Bögen. Als Worttrenner dienen kleine, kreisrunde, heute völlig zerdrückte Rosetten. Das verkürzt wiedergegebene Gußjahr wurde gedeutet als 1309, was dem Entwicklungsstadium der Majuskel widerspricht, oder 1414, ausgehend von der Anwendung arabischer Zahlzeichen.2) Auch die Nachzeichnung bei Luthmer bestärkt die Lesung zweier römischer Zahlen IX, die zudem mit hochgestellten Ordinalendungen versehen sind. Möglich und mit der Schrift vereinbar wäre dann eine Deutung als Hunderterrest 99 im Sinne von 1399. Dabei wird das Rechnen mit arabischen Zahlzeichen vorausgesetzt, was um 1400 längst bekannt ist; die Umsetzung in die Monumentalschrift ist so früh aber kaum denkbar.3)

Weitere Werke des Glockengießers Herbert Kellner sind bislang nicht nachgewiesen.4) Bei der Herkunftsangabe des Gießers könnte es sich um eine Verschreibung für Kirn im Hunsrück, Düren oder Walldürn handeln.

Textkritischer Apparat

  1. Fehlt bei Lotz und Luthmer (1917), die das Gußjahr 1309 mutmaßten; Luthmer (1921) deutete als 1414.
  2. Luthmer (1921) matheos.
  3. Ders. marcos.

Anmerkungen

  1. Nach Luthmer.
  2. Calmano, Chronik 15.
  3. Beispiele bei Hill Taf. Xf., XXIIIf., XXXf.
  4. Walter 793 bringt nur diesen einzigen Nachweis.

Nachweise

  1. Lotz (1880) 37.
  2. Luthmer (1921) 122.
Addenda & Corrigenda (Stand: 24. Juni 2021):

Kommentar, 1. Absatz: Die Buchstaben weisen weder in der Proportion noch in der Gestaltung der Schwellungen sicher zu um 1400 passende Merkmale auf.
Kommentar, 2. Absatz: Die Kombination von Namensansage und Herstellervermerk, freilich ohne die Evangelistennamen, kommt schon vor der Jahrhundertmitte bei Johann von Mainz (Nr. 72) und in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bei Peter von Mainz (Nr. 146) vor.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 142 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0014201.