Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 130 Kiedrich, Kath. Pfarrkirche St. Valentin 1389
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Evangelistennamen und Gußdatum (A) auf Gemeindeglocke als einzeilige Inschrift auf der Schulter zwischen je zwei unregelmäßig verlaufenden Rundstegen. Glocke mit flach zur Schulter abfallender Haube, steil auslaufender Flanke und einem stark ausgeprägten Wolm mit umlaufendem Grat; auf der Flanke das Gießerzeichen(?) in Form eines sechsstrahligen Sternchens zwischen vier kreuzweise angeordneten Kringeln; unmittelbar daneben kleine, stehende Bischofsfigur des hl. Petrus mit Mitra, Stab und Schlüssel auf unregelmäßiger Standfläche.1) Auf dem Schlagring Anrufung (B) in unsauber gegossener Ausführung. Gewicht ca. 1800 kg, Schlagton f‘.2)
Maße: H. ca. 140, Dm. 135,7, Bu. 2-2,3 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel.
- A
AN(N)O · D(OMI)NI · M · CCC · LXXXIX · FIRIA · V · POST · MICHELISa) · O · LVCASb) · MARCVS · MATEVS · IOHANNES ·
- B
· AVE · MARIA ·
Datum: 30. September 1389.
Textkritischer Apparat
- Zaun, Luthmer Michaelis.
- Unter LVCAS beginnt Inschrift (B) mit z.T. unsauber gegossenen Buchstaben.
Anmerkungen
- Kdm. 232 Nr. 1 nach Zaun, Landkapitel 126 bezeichnet den Untergrund als Wolke.
- Diese Angaben verdankt Bearb. dem Glockensachverständigen des Bistums Limburg, Herrn Kirchenmusikdirektor Foersch.
- Zu ihm vgl. Bund, Frankfurter Glockengießer 160-162.
- Vgl. Staab, Baudenkmäler 32.
Nachweise
- Zaun, Landkapitel 126.
- Zaun, Kiedrich 123.
- Lotz (1880) 254.
- Luthmer (1902) 195 Nr. 3; (1921) 81.
Addenda & Corrigenda (Stand: 28. September 2021):
Die Zuschreibung an Johann Glockengießer von Frankfurt stimmt nicht, da er ausschließlich Minuskelglocken goss. (Rüdiger Fuchs durch Vergleich mit erhaltenen Glocken in Erbach, Ober-Ingelheim, Boppard).
Zu denken ist hier vielmehr an den Gießer Peter von Mainz, der die Hallgartener Glocke (Nr. 146, dat. 2. H. 14. Jh.) goss. Die Schriftformen, schlanke Majuskeln mit zugespitzten Bögen, und Trennzeichen, Sternchen, sind höchst ähnlich. Jörg Poettgen, Overrath, brieflich vom 23. Juni 1997, erwog, mindestens dem Umkreis dieser Werkstatt auch die verlorene Glocke von 1382 in Winkel (Nr. 123) zuzuordnen, da sie im Formular (Ave Maria und Evangelisten) und der Verwendung von Majuskeln übereinstimmt. Die seltsame Buchstabenfolge in Winkel müsse nicht korrekt überliefert sein und könne das im Vergleich fehlende Gussdatum darstellen.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 130 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0013008.
Kommentar
Die recht kleinen Majuskelbuchstaben zeigen ausgeprägte Schwellungen: So ist beim A die Bogenschwellung besonders auffallend; beim Bogen des C wie auch beim geschlossenen M finden sich in der Bogenmitte kleine, nodusartige Innenschwellungen. Die Bögen zeigen nach außen geführte dreiecksförmige Spitzen. Die Schrift weist neben der Glockenform, der verwendeten Zier und den Worttrennern in Form sechszackiger Sternchen auf die Hand des Meisters Johann Glockengießer von Frankfurt3) hin, der u.a. 1377 die Erbacher fis-Glocke goß (Nr. 113).
Die Evangelistenglocke wurde früher zu Versammlungen, Versteigerungen und zur Weinlese geläutet.4)