Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 86(†) Eberbach, Klosterkirche 1357
Neuer Standort: Die Platte befindet sich aktuell im Südquerschiff der Klosterkirche. Sie ist dort an der Westwand als rechter von drei Steinen aufgestellt.
Beschreibung
Grabinschrift des Grafen Johann (II.) von Katzenelnbogen. Inschrift wohl nach 1803 verloren, der dem Verstorbenen zugeschriebene1) Tumbendeckel aus grau gestrichenem Rotsandstein erhalten. Johann II. wurde ursprünglich vor dem Altar in der südlichen Ostkapelle St. Martin beigesetzt. 1806 gelangte das Grabmal nach Wiesbaden-Biebrich, wo es im Vestibül der Mosburg aufgestellt wurde; 1936 wurde es nach Eberbach zurückgebracht. Heute steht der Tumbendeckel aufrecht an der Westwand des Südquerhausarmes (Plan K Nr. 36). Aufwendiges Figurengrabmal mit der reliefierten Rittergestalt unter einem dreiseitigen, vorspringenden Maßwerkbaldachin und einem Löwen zu Füßen. Flankiert wird die Hauptfigur von je zwei übereinander angeordneten Assistenzfigürchen, die ebenfalls unter kleinen, dreiseitigen Baldachinen stehen.2) Der in voller Rüstung dargestellte, auf einer Sockelplatte stehende Ritter trägt den Turnierhelm in der linken und das Langschwert in der rechten Hand. In den Ecken der nach außen abgeschrägten Platte befinden sich vier identische Wappenschilde. Wenig Verwitterung, zahlreiche kleine Fehlstellen am gesamten Denkmal, Farbspuren einer ehemals polychromen Fassung.3)
Nach Helwich.
Maße: H. 290, B. 146 cm.
+ Anno domini m ccc lvii vi nonas marcii obiit nobilis vir dominus Joannes comes de Katzenelenbogen cuius anima requiescat in pace amen.
Datum: 2. März 1357.
viermal Katzenelnbogen. |
Anmerkungen
- Stoff zu Bär, Eberbach I 563f. in der Anm.
- Während die beiden unteren, heute ohne Kopf vorhandenen Figuren den hl. Johannes d.T. und den Evangelisten Johannes als Namenspatrone des Verstorbenen darstellen, sind die beiden oberen, kniend der Standfigur zugewandten Figuren Engel als Seelengeleiter.
- Vgl. die Bestandsdokumentation und Schadensbildanalyse in dem Bericht der Arbeitsgruppe „Bestandaufnahme“ des BMFT-Projekts „Steinzerfall“ von 1990, 24-26.
- Fischel 87f.; Schaum-Benedum 153-154.
- Martin Morkramer, Das Grabmal des Johann von Falkenstein in Kloster Arnsburg. In: Mitt. Oberhess. Geschichtsver. NF 70 (1985) 69-89, hier 81f.
- Die Ritterfigur trägt ein kurzes Kettenhemd, das an den Armen sichtbar ist und im Brustbereich durch den darübergetragenen Lentner-Harnisch verdeckt wird. An diesem sind zwei Befestigungsketten aufgenietet. Die Helmbrünne schützt Hals und Kinnpartie, während auf dem Haupt die Beckenhaube mit einem offenschlächtigen Klappvisier (vielleicht Hundsgugel?) getragen wird. Unter dem Lentner schaut ein Zipfel des Kettenhemdes hervor. Eisenhandschuhe, Kniekacheln, Beinschienen und spitze Eisenschuhe vervollständigen die Rüstung. Hinzu kommt der große Topfhelm mit Zier und das an der Hüfte getragene Langschwert, vgl. zur Rüstung: Bildwörterbuch Kleidung zu den einzelnen Stichworten.
- Bär, Eberbach I 563f. in der Anm; auch Habel, Nachtrag 84 in der Anm.; Reg. Katz. I Nr. 1190 Anm. S. 355f.
- Zu ihm vgl. Reg. Katz. I 44.
- Dieser Verbindung entstammten die späteren Speyrer Domherren Johann und Gerhard (Nr. 163), der zweimal mit Töchtern aus dem Hause Nassau verheiratete Diether VIII. sowie die Tochter Adelheid, verehelicht mit Graf Heinrich II. von Sponheim (Linie Bolanden-Dannenfels), die nach ihrem Tod in Kirchheimbolanden beigesetzt wurde, s. Reg. Katz. I 59.
- Reg. Katz. Registereinträge und ebd. I 59.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 156.
- Winckelmann, Hess. Chronic I 115 Nr. IV.
- Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 78.
- Bär, Epitaphiensmlg. fol. 1.
- Würdtwein, Epitaphienbuch 234.
- Wenck, Hess. Landesgesch. I UB Grabschriften 274 Nr. XIII.
- Gercken 112.
- Aufhebungsprotokoll 19 Nr. VII.
- Roth, Geschichtsquellen III 256.
- Beitr. Gesch. Erzstift 26.
- Fischel 159 Anm. 86.
- Schaum-Benedum 153f.
- Reg. Katz. I Nr. 1190.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 86(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0008605.
Kommentar
Höchstwahrscheinlich war die Grabinschrift den Stein umlaufend aufgemalt, vielleicht auch auf einer eigenen Tafel angebracht. Da Pater Bär den Text noch überlieferte, dürfte der Inschriftverlust in Zusammenhang mit dem Abtransport des Grabmals zu der Biebricher Mosburg und den dort über einen längeren Zeitraum immer wieder vorgenommenen Überarbeitungen stehen.
In der kunsthistorischen Forschung wird der enge Zusammenhang des Steins mit dem heute im Arnsburger Kapitelsaal befindlichen Grabmal Johanns von Falkenstein (†1365) unter Hinweis auf stilistische Vorbilder des Grabmals Günthers von Schwarzburg im Frankfurter Dom betont. Dabei sah insbesondere Fischel das Eberbacher Denkmal als Kopie des Arnsburger Epitaphs an und konstruierte daraus eine späte Entstehung des Eberbacher Steines.4) Dieser Einordnung wird man mit Morkramer5) nicht mehr zustimmen können. Sowohl im Eberbacher als auch im Arnsburger Stein verbinden sich sehr viele ältere wie auch zeitgenössische Form- und Stilelemente. So erscheint eher die Beeinflussung des späteren Arnsburger Denkmals durch das Eberbacher Vorbild überzeugend, vor allem dann, wenn man die Entstehung des Eberbacher Steins unter Zuhilfenahme des Rüstungstyps6) zu 1357 datiert.
Stoff stellte das inschriftlose Denkmal in das Jahr zu der überlieferten Grabinschrift, wobei die Identifizierung mit Graf Johann aus den flankierenden, als Namenspatrone angesehenen Heiligenfigürchen abgeleitet wurde.7) Er schrieb das Grabmonument dem Grafen Johann I. zu, während Demandt es dem Grafen Johann II. von Katzenelnbogen zuordnete,8) dem Sohn Gerhards von Katzenelnbogen und Margarethes von der Mark. Vor dem 24. Juni 1340 verehelichte sich Johann II. mit Elisabeth von Isenburg-Limburg.9) Er trat 1348 besonders hervor, als er gemeinsam mit Eberhard IV. von Katzenelnbogen für 7000 Pfund von den Vormündern des Mainzer Erzstiftes für Erzbischof Heinrich gegen König Karl IV. und Erzbischof Gerlach von Mainz gewonnen wurde. Ein Jahr später versprach Gegenkönig Günther von Schwarzburg, Johann II. zum Reichsamtmann in Oberwesel und Boppard einzusetzen. Anläßlich des Nürnberger Hoftages von 1356 finden sich die Grafen Johann und Wilhelm II. als Zeugen bei der Verkündigung der Goldenen Bulle.10)