Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 28 Eberbach, Lapidarium (aus dem Kreuzgang) 1320

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Eckjoch zwischen West- und Nordflügel des Kreuzgangs. Das Fragmentstück ist aufgestellt an der Nordwand als unteres von zwei Fragmenten.

Beschreibung

Bisher unbekanntes Fragmentstück der Grabplatte für Elisabeth (Lisa) von Rheinberg, früher im Kreuzgang, 1990 aufgefunden und heute im Lapidarium in der ehemaligen Sakristei aufbewahrt. Oberer Mittelteil einer ehemals hochrechteckigen, schmalen Platte aus rotem Sandstein. Auf dem Rand Wortreste zwischen Linien, im unteren Teil rechteckige Eintiefung späterer Hand.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. fragm. 30-44,5, B. 98, Bu. 7,5-8 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. [+ ANNO DOMINI M CCC XX IIIa) KA]LE[N]DASb) [NOUEMBRIS OBIIT HONESTA MATRONA DOMINA]c) LISA · DEd) [RINBERG REQUIESCATe)..]

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1320, am dritten Tag vor den Kalenden des November (30. Oktober) starb die ehrenhafte Matrone, Frau Lisa von Rheinberg. Sie ruhe (...).

Kommentar

Das anhand des Schriftbefundes und des Vornamens identifizierbare Fundstück liefert zugleich durch Buchstabenabstand und Originalbreite Anhaltspunkte für das Aussehen des ursprünglichen Inschriftenträgers. Die Plattenbreite ist recht gering, doch dürfte der Stein unter Zugrundelegung des Buchstabenabstandes des Wortes KALENDAS ziemlich lang gewesen sein. Bei dem Original waren mit hoher Wahrscheinlichkeit das Epitheton und die Bezeichnung MATRONA ausgeschrieben, DOMINA dagegen zeitüblich abgekürzt. Nimmt man den Textbeginn, wie bei zahlreichen anderen Eberbacher Steinen dieser Zeit auch, in der linken oberen Ecke an, so findet der gesamte Text mühelos auf der schmalen Platte Platz. E und D zeigen starke Schwellungen, die beim D in der Rundung in eine Spitze auslaufen, wie es in ähnlicher, wenngleich nicht so ausgeprägter Form beim Stein des Domvikars Johannes (Nr. 33) vorliegt. Zeitnahe Steine – etwa die für Geza Stahl von Biegen (Nr. 29) oder für Graf Berthold von Katzenelnbogen (Nr. 31) – zeigen diese Form nicht, sondern besitzen ein D mit starker Bogenschwellung ohne Sporn. Das E weist eine Innenschwellung auf.

Die biographische Identifizierung der Toten ist infolge einer widersprüchlichen Quellenlage problematisch. Auszuschließen ist die von Möller1) vorgenommene Identifizierung mit der Ehefrau des Siegfried I. Truchseß von Rheinberg, da deren erhaltene Grabplatte (Nr. 15) zweifelsfrei in die Zeit vor 1300 zu datieren ist. Zwar trat außerdem eine Elisabeth (Lisa) von Rheinberg gemeinsam mit ihrem Ehemann Siegfried 1327 anläßlich einer Seelenheilstiftung in Eberbach für sie beide und ihre Vorfahren auf,2) da sie zum Zeitpunkt der Urkundenabfassung jedoch noch am Leben war, wird die Zuschreibung fragwürdig, müßte man doch sonst allen Gewährsleuten eine Verlesung des Todesdatums unterstellen. Nimmt man das Datum 1320, ggf. auch 1323, aber als richtig gelesen an, wäre am ehesten an eine bisher unbekannte Elisabeth als Gattin des 1318 verstorbenen Kurkölner Amtmannes zu Wied, Johann von Rheinberg, des Sohnes ebenjener älteren Elisabeth, zu denken. Ihm hatte Möller mit Vorbehalt eine nur aus dem Vornamen einer vermuteten Enkelin Ponzetta erschlossene Ponzetta von Hammerstein zugeordnet3), doch läßt die von allen Gewährsmännern mitgeteilte Lage der Grabstätte der jüngeren Elisabeth neben der der älteren Elisabeth von Rheinberg4) eine verwandtschaftliche Verbindung beider Frauen annehmen. Die jüngere Elisabeth führt das Epitheton MATRONA und den Namen Rheinberg, beides und auch der Grabplatz kämen ihr als Schwiegertochter zu.

Textkritischer Apparat

  1. Würdtwein, Roth 1323.
  2. N-Kürzung fehlt; vom L sind Spitze und Schaft erkennbar, sowie vom A die rechte Haste.
  3. Der Text nach KALENDAS fehlt bei Bär, Würdtwein.
  4. Der Bogen des E ist schwach erkennbar.
  5. Zu erwarten ist der Abschluß des Textes mit der üblichen Segensformel IN PACE.

Anmerkungen

  1. Möller, Stammtafeln NF II 108.
  2. Roth, Geschichtsquellen I Nr. 968 zu 1327 April 23.
  3. Möller, Stammtafeln NF II 108; frdl. Hinweis von Herrn Dr. Hellmuth Gensicke, Wiesbaden.
  4. Dem Eberbacher Anonymus zufolge lag ihr Stein zu Füßen der „in ambitu ante conventum in angelo ad cellam sub lucerna“ eingelassenen Grabplatte der älteren, vor 1299 verstorbenen Elisabeth von Rheinberg, vgl. Roth, Geschichtsquellen III 86. Mit „ante conventum“ war der 1719 niedergelegte, mittelalterliche Refektoriumsbau gemeint, der in ca. acht Metern Entfernung vom nördlichen Dormitorium frei stand. Demnach hätten alle Grabplatten in westlicher Richtung gelegen.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 184.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 86.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 2v. -Würdtwein, Epitaphienbuch 240.
  4. Roth, Geschichtsquellen III 272.
  5. Beitr. Gesch. Erzstift 27.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 28 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0002809.