Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 69 Boppard, Städtisches Museum (aus St. Severus, Friedhof) 1437

Beschreibung

Fragmentarische Ölberggruppe mit Stifterinschrift. Ursprünglich vom Pfarrfriedhof bei St. Severus stammend, stand sie bis 1986 im Hof der kurfürstlichen Burg (Städtisches Museum) und wird heute in Einzelteilen im Ostflügel des Erdgeschosses aufbewahrt. Von der Gruppe haben sich noch die fast lebensgroßen Figuren des betenden Christus und dreier schlafender Apostel erhalten1) sowie ein zugehöriger, konvex gebogener querrechteckiger Block aus rotem Sandstein mit der siebenzeiligen Stifterinschrift zwischen zwei großen, sich zuwendenden Wappen. Schriftverlust durch starke Verwitterung, in der siebten Zeile sind lediglich Schaftreste sichtbar, das linke Wappen ist nur noch zur Hälfte erhalten.

Erg. nach Kubach/Verbeek und Foto LfD Mainz.

Maße: H. 31, B. 87 (frgm.), Bu. 3 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Bild zur Katalognummer 69: Fragment einer Steinmetzarbeit der Ölberggruppe mit Stifterinschrift

Heinz Straeter (GDKE Denkmalpflege) [1/1]

  1. Anno · d(omi)ni · ma) · cccc · xxxvii · / hocb) · [opus · co]nstrui · feceru(n)t · honorabiles · Joh(ann)es · / [Re]ynhardi · et guda / [sc]hirlytc) · vxor · eius · l(egi)ti(m)a · / [ob(ierun)t xx]d) die · noue(m)b(ris) · q(u)oru(m)e) · a(n)i(m)e · re[q](ui)es[ca(n)t / in pace amen]f)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1437 haben dieses Werk die ehrbaren Johannes Reynhardi und Guda Schirlyt, seine eheliche Hausfrau, errichten lassen. (Sie verstarben) am 20. Tag des Novembers. Deren Seelen mögen in Frieden ruhen, Amen.

Wappen:
Reynhardi?2)Schirlyt?3)

Kommentar

Möglicherweise waren sowohl die beiden am Zeilenanfang plazierten h sowie das umgeformte m als Versalien gedacht. Als Worttrenner dienen Quadrangeln.

Die beiden sonst unbekannten Eheleute dürften aufgrund der Wappen und der großzügigen Stiftung der bürgerlichen Oberschicht Boppards4) zuzurechnen sein. Auffällig ist der Gebrauch des Epithetons honorabilis für das Ehepaar, das im Spätmittelalter in der Bedeutung 'ehrwürdig' eigentlich dem geistlichen Stand vorbehalten war5). Da beide Wappen geistliche Symbole zeigen, ist es nicht sicher, ob es sich tatsächlich um Familienwappen handelt. Aufgrund der an die Stifterinschrift anschließenden Fürbitte diente die Ölberggruppe gleichzeitig dem Totengedenken an die Verstorbenen.

Textkritischer Apparat

  1. Erster Schaft mit Mittelschaft oben verbunden.
  2. Oberes Schaftende des h nach links gebogen.
  3. Erg. nach Kubach/Verbeek
  4. OPTE Kubach/Verbeek, so höchstwahrscheinlich aus dem Minuskelbestand obt gelesen; das e resultiert aus einem entsprechend aussehenden Zierbogen am Balken des t, wie er auch sonst in der Inschrift vorkommt; [...] xx Kdm.
  5. o klein hochgestellt.
  6. Reste der mittig gestellten Zeile sind erkennbar.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Kdm. Abb. 147.
  2. Ein Prälatenhut.
  3. Schräggelegter Pilgerstab, beiderseits begleitet von je drei schräglinks gelegten Muscheln.
  4. Die seit 1430 in Boppard bezeugte Familie Reinhard(i) stellte im 15./16. Jh. zwei Kanoniker für St. Severus und hatte ihm 17. Jh. das Glöckneramt erblich inne; vgl. dazu Pauly, Stifte 571 (Reg.) und Frauenberger, Bürgerbuch 1, 649ff.
  5. Vgl. dazu Einleitung Kap. 4.1.3.

Nachweise

  1. Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 208.
  2. LfD Mainz, Fotoarchiv, Neg.-Nr. 555/11 (um 1986).
  3. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 421.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 69 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0006903.