Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 68 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau 1430

Beschreibung

Grabplatte des Stiftsherrn Friedrich Frey von Pfaffenau (des Jüngeren?). Ursprünglich in der Liebfrauenkirche1), wurde sie 1842/45 nach außen an die Wand des Kreuzgangsüdflügels versetzt und 1990/91 im neu errichteten Nordflügel des Kreuzgangs aufgestellt. Große Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift (A) zwischen Linien, in der Mitte des Feldes vertieft ausgearbeitet Priesterkelch mit Kreuz2). Innen parallel zur rechten Leiste findet sich eine zweite, später nachgetragene, unvollendete Inschrift (B). In den vier Ecken jeweils ein flachreliefiertes Wappen, die beiden oberen jedoch bis zur Unkenntlichkeit abgearbeitet.

Maße: H. 215, B. 109, Bu. 7 (A), 7-8 (B) cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bild zur Katalognummer 68: Grabplatte des Stiftsherrn Friedrich Frey von Pfaffenau (des Jüngeren?)

Thomas G. Tempel (ADW) [1/1]

  1. A

    + anno · d(omi)ni · m cccc xxx / · xvi k(a)l(endas)a) · augusti · obiit · domin(us) · fredericus frie de / paffennauwe canonic(us) / hui(us) ecc(lesi)e et patron(us) cui(us) a(n)i(m)a req(ui)escat in pace amen

  2. B

    in die b(ea)ti thimotheib)

Übersetzung:

(A) Im Jahr des Herrn 1430, am 16. Tag vor den Kalenden des August (17. Juli) starb Herr Friedrich Frey von Pfaffenau, Kanoniker dieser Kirche und Patron. Seine Seele möge in Frieden ruhen, Amen. - (B) Am Tag des hl. Timotheus (24. Januar).

Wappen:
[Frey von Pfaffenau]3)unkenntlich
Schönburg auf Wesel4)unbekannt5)

Kommentar

Die eher ungleichmäßig gearbeitete Minuskel zeigt für die Entstehungszeit einfache und wenig fortschrittliche Formen: Versalien und jegliche Zierformen fehlen, die Buchstaben mit Ober- und Unterlängen sind stark gebrochen und bleiben im Mittelband, w wird konservativ durch ein breites v mit mittig eingesetzter Haste gebildet. Als Worttrenner dienen kleine Quadrangeln.

Verschiedene Mitglieder der ursprünglich aus der Umgebung von Lorch im Rheingau stammenden Familie6) standen als Ministerialen in katzenelnbogischen Diensten und sind seit 1331 als Amtsträger in Oberwesel nachweisbar. Bereits 1339 hatten sie das Mit-Patronat7) über die Liebfrauenkirche inne. Da die oberen Wappen auf der Grabplatte des Verstorbenen fehlen und ein Konnubium Frey von Pfaffenau/Schönburg auf Wesel in den vorliegenden Stammtafeln nicht nachweisbar ist, läßt sich seine genaue Herkunft nicht mehr bestimmen. Höchstwahrscheinlich handelt es sich bei ihm um den seit 1382 als Stiftsherr in Liebfrauen8) bezeugten, 1387 an der Universität Heidelberg9) eingeschriebenen Friedrich Frey von Pfaffenau (den Jüngeren)10), von dem allerdings kein verläßliches Todesdatum überliefert ist. Möglicherweise war die nachträgliche verfaßte, aber nicht vollendete zweite Inschrift für seinen mutmaßlichen Neffen Friedrich Frey von Pfaffenau (den Jüngsten)11) bestimmt, der von 1423 bis 1447 als Kanoniker zu Liebfrauen nachweisbar ist. Mit ihm oder mit dem vor 1445 verstorbenen, mit Jutta von Ottenstein in kinderloser Ehe verheirateten Hermann Frey von Pfaffenau12) dürfte dieses für Oberwesel bedeutende Geschlecht ausgestorben sein.

Textkritischer Apparat

  1. Befund kll mit Kürzungsstrich.
  2. Textbeginn ohne Markierung unterhalb des rechten oberen Wappens.

Anmerkungen

  1. Vgl. Kdm. 410.
  2. Kelch und (Tatzen-)Kreuz sind ohne Trennung senkrecht angeordnet und mit einer aufgerauhten Unterfläche versehen, die vermutlich zur Aufnahme einer Metalleinlage oder einer farbigen Masse diente; vgl. dazu Einleitung Kap. 5.2.
  3. Eisenhutfeh, belegt mit einem Balken.
  4. Ein Schildchen. - Durch den Bezug zu Oberwesel dürfte es sich wohl um das Wappen derer von Schönburg auf Wesel handeln. Da jedoch keine Tingierung erkennbar ist, kann es sich sowohl um das Wappen des Stammes IIa (schwarzes Schildchen in silber) als auch um das des Stammes IIc (rotes Schildchen in gold) handeln.
  5. Oben mit drei lanzenspitzenförmigen Zinnen besetzter Balken.
  6. Vgl. zum Folgenden die wenigen Hinweise zur Geschichte des noch kaum erforschten Geschlechts bei Gruber, Adel 406 und Pauly, Stifte 332.
  7. In der von Erzbischof Balduin von Trier 1339 erlassenen Urkunde über die Erneuerung des Liebfrauenstiftes werden neben den von Milewalt in dieser Funktion nur noch die Brüder Hermann und Johann Frey von Pfaffenau genannt; vgl. dazu Hontheim, Historia Treverensis II 130. Die Familie war dadurch am Bau und Unterhalt der Liebfrauenkirche beteiligt und hatte das Recht, drei Kanonikate zu besetzen.
  8. Vgl. dazu Pauly, Stifte 384, der ihn allerdings - einer irrigen Datierung der vorliegenden Grabplatte von Campignier, Liebfrauen- und St. Martinsstift 19 folgend - für das Jahr 1422 als verstorben bezeichnet. Zudem beruht die sonst nicht weiter nachprüfbare Mitteilung von Pauly, Stifte 253f., der Verstorbene sei ebenfalls Kanoniker in St. Goar gewesen, wohl auf der Inschrift einer von Campignier irrtümlich einem sonst unbekannten Eberhard Frey von Pfaffenau zugewiesenen Grabplatte (vgl. Pauly, Stifte 385), bei der es sich in Wirklichkeit um die des 1410 verstorbenen Eberhard von Reichenberg handelt (vgl. Nr. 64). Dem widerspricht nicht, daß der Verstorbene (nach Pauly, Stifte 254) in den Jahren 1405 und 1406 in Angelegenheiten des St. Goarer Stiftes in St. Goar tätig war.
  9. Vgl. Toepke, Matrikel I, 21.
  10. So genannt im Unterschied zu seinem gleichnamigen älteren Verwandten, der von 1347 bis 1356 als Kanoniker und Kustos, 1357 als Dekan des Liebfrauenstiftes nachweisbar ist; vgl. dazu Pauly, Stifte 368f.
  11. Vgl. Pauly, Stifte 386.
  12. Vgl. Heinzelmann, Fabrikbruderschaft 67.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 413 mit Abb. 268.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 68 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0006803.