Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 241† Oberwesel, Kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau vor 1593

Beschreibung

Grabplatte für Klaus Klockenhencker aus Mörschbach, überliefert in dem um 1600 angelegten "Urbarium oder Zinß-buch"1) des Liebfrauenstiftes, seit unbekannter Zeit verloren. Die Platte lag im Boden der Kirche "onder dem Klockenthorn (...) zu dem Eysseren Chörlein zu", war mit dem "bildtnuß eines gantzen mans, nach alter dracht vffgehawen" versehen und wies zudem im oberen Teil eine "insigne" auf. Von der Umschrift konnte "zu dieser Zeitt" nur noch ein kleiner Teil gelesen werden.

Nach Urbarium.

  1. Anno D(omi)nia) ist gestorben der ersamer maister Clos Klockenhencker von Mirschbachb)

Wappen:
Klaus Klockenhencker2)

Kommentar

Der vorliegenden Quelle zufolge hatten der wohl aus Mörschbach bei Simmern stammende, sonst unbekannte Klaus Klockenhencker und sein (mutmaßlicher) Bruder Franz3) ein Erbbegräbnis in Liebfrauen inne, das sich im Inneren der Kirche im Boden vor dem Westportal befunden haben dürfte. Nach beider zu unbekanntem Zeitpunkt erfolgten Tod wurden die Grabplatten von den Erben Johann und Franz Schmidt in Auftrag gegeben und "ahn einander" an den dafür vorgesehenen Platz gelegt. Darunter befand sich wohl eine Gruft, die von der Familie der Erben weiterhin als Erbbegräbnis benützt werden durfte: So wurde Anna, eine Tochter Johann Schmidts, verheiratet mit einem Jacob Löhr, 1593 unter der vorliegenden Grabplatte begraben, wobei offenbleibt, ob zu diesem Zeitpunkt auch für sie eine entsprechende Inschrift angefertigt und nachgetragen wurde. Da nicht zu entscheiden ist, ob es sich bei den Bezeichnungen Klockenhencker bzw. Schmidt noch um reine Berufsbezeichnungen oder bereits um Familiennamen handelt, bleibt das verwandtschaftliche Verhältnis beider Familien ungeklärt. Offen bleibt zudem, ob ein familiärer Zusammenhang mit der in Oberwesel im 17. Jahrhundert weitverzweigten Familie Klockner4) besteht. Jedenfalls müssen Klaus und Franz Klockenhencker bedeutende Persönlichkeiten gewesen sein, da sie - neben den Herren von Schönburg im südlichen Nebenchor - das bislang einzige nachweisbare Erbbegräbnis5) in Liebfrauen innehatten.

Berücksichtigt man neben der Verwendung der Volkssprache auch den Gebrauch des Epithetons ersam6), so kann die Grabplatte kaum vor der Mitte des 16. Jahrhunderts entstanden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Folgt ein Kürzel als Zeichen für die wohl nicht mehr lesbare Jahreszahl.
  2. Folgt ein weiteres Kürzel als Zeichen für den wohl nicht mehr lesbaren Text.

Anmerkungen

  1. Vgl. zum Folgenden Urbarium 194f. - Die an unerwarteter Stelle aufgefundene Überlieferung dieser Grabinschrift im erhaltenen "Urbarium oder Zinß-buch" des Liebfrauenstiftes erklärt sich aus der dort ausführlich behandelten Frage, welche Einnahmen aus den Begräbnissen in der Kirche dem Kapitel bzw. der Kirchenfabrik zufließen sollten. Die Kenntnis dieser Archivalie verdanke ich einem freundlichen Hinweis von Herrn Josef Heinzelmann, Oberwesel-Langscheid.
  2. "ein Cleebladt" (so Urbarium 194).
  3. Vgl. die folgende Nr.
  4. Vgl. dazu die entsprechenden Einträge bei Schaaf, Familienbuch, pass.
  5. Der von der einflußreichen Oberweseler Familie Lorbecher ebenfalls erhobene Anspruch auf ein Erbbegräbnis wurde abschlägig beschieden; vgl. dazu Nr. 273 Anm. 1.
  6. Vgl. dazu Einleitung Kap. 4.1.3.

Nachweise

  1. Urbarium 194.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 241† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0024105.